Polizei enttarnt rechte Zelle in Nauen: NPD-Mann soll Anschlag verübt haben
Ermittler haben im Westen Brandenburgs ein braunes Netzwerk gesprengt. Es soll für den Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft verantwortlich sein.
In der Sporthalle eines Oberstufenzentrums in Nauen sollten 100 Asylbewerber vorübergehend unterkommen. Kurz bevor die ersten Flüchtlinge einziehen konnten, ging sie Ende August 2015 in Flammen auf. Menschen wurden nicht verletzt. Es war damals schnell klar, dass es sich um einen Brandanschlag handelte. Auch ein rechtsextremistischer Hintergrund wurde von Anfang an vermutet.
Der 29 Jahre alte NPD-Funktionär Maik Schneider aus Nauen gilt laut Polizei als „der Kopf oder einer der Köpfe“ einer rechtsextremen Gruppierung in der Kleinstadt. Die Gruppe soll für den Brandanschlag auf die geplante Notunterkunft Ende August verantwortlich sein. Es gehe aber auch um eine Reihe anderer Taten, etwa Anschläge auf ein Büro der Partei Die Linke, berichteten die Ermittler. Die Gruppe soll aus fremdenfeindlichen Motiven etwa auch das Auto eines Polen angezündet haben. Am vergangenen Dienstag schlugen die Ermittler zu.
„Diese Gruppe hat sich extrem abgeschottet“, sagte Brandenburgs Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke. „Die haben sich Alibis verschafft. Am Anfang sah das fast wasserdicht aus. Sie haben konspirativ gearbeitet.“ Der Polizeipräsident sprach von einer „rechten Zelle“. Einen Vergleich mit der Neonazi-Zelle NSU wolle er „zum jetzigen Zeitpunkt“ noch nicht ziehen. „Aber wir werden schauen, was die Ermittlungen bringen.“ Es gebe zurzeit „etwa fünf“ Verdächtige.
Schneider (29) sitzt seit Dienstag in Untersuchungshaft, ein mutmaßlicher Komplize (28) seit Freitag. Drei weitere Verdächtige sind der Polizei bekannt: Ein 31-Jähriger und ein 26-Jähriger sowie eine 22-Jährige. Die Frau wurde aus der U-Haft entlassen.
Die Rolle der NPD bei den Taten sei „eindeutig belegbar, dadurch dass Aktivisten der NPD zu den Beschuldigten gehören“, sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD). Schneider sei eine „stadt- und kreisbekannte Person“ der NPD.
Die Polizei habe nur sehr wenige Hinweise aus dem Kreis der knapp 17 000 Einwohner Nauens erhalten, sagte Mörke. Schröter sagte: „Eines ist dieser Gruppe gelungen: Sie hat in Nauen ein Klima der Angst geschaffen. Und das hat Menschen davon abgehalten zu helfen, obwohl sie es wollten. Und es hat sie auch davon abgehalten - zumindest in Teilen -, Flagge zu zeigen. Ich gehe davon aus, dass der Spuk beendet ist.“
Vor dem Brandanschlag hatte es in Nauen Demonstrationen gegen die geplante Aufnahme von Flüchtlingen gegeben. Eine Stadtverordnetenversammlung zu dem Thema war von den jetzigen Tatverdächtigen gestört worden. Gegen die Rechtsextremen hatten sich allerdings auch zahlreiche Einwohner der Kleinstadt gewandt und immer wieder Gegendemonstrationen organisiert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt