Polizei demonstriert gegen Polizeiwillkür: Der CSD ist zurück

Bremen hat wieder einen Christopher Street Day. Er macht sich für Geflüchtete, Trans- und Intersexuelle stark und kämpft gegen Kommerzialisierung.

Auch die Polizei ist beim CSD in Bremen dabei, so wie der Fake-Kollege hier in Oldenburg Foto: Ingo Wagner/dpa

BREMEN taz | Erstmals seit über 20 Jahren findet am Samstag wieder ein Christopher-Street-Day (CSD) in Bremen statt.

Der Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag aller queeren Menschen wird alljährlich auf der ganzen Welt gefeiert. Insgesamt haben sich über 30 Ini­tiativen für die Parade angemeldet, darunter das schwul-lesbische Mitarbeiternetzwerks des Mercedes-Werks und die Bremer Polizei. „Wir haben nicht mit so viel Resonanz gerechnet“, sagt der Sprecher des CSD Bremen e.V. „Unsere Erwartungen wurden völlig übertroffen.“

Mittlerweile ist der CSD vor allem als große Party bekannt. Die Bremer Community, die unter dem Motto „Vielfalt* ist Freiheit – hier und überall“ demonstriert, hat jedoch einen klaren Forderungskatalog vorgelegt. Sie verlangt vom Senat unter anderem „angemessene Mittel“ für eine „tatkräftige“ Umsetzung des schon 2015 beschlossenen Aktionsplans gegen Homo-, Trans* und Interphobie. Außerdem soll im Sozialressort einE ReferentIn für die Angelegenheiten von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen eingestellt und das Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben dauerhaft finanziell abgesichert werden. Auf diese Weise wäre die 25 Jahre alte Institution vom „jährlichen Antragsmarathon“ befreit. Queere Geflüchtete sollen „ohne die Gefahr von Gewalt durch andere“ untergebracht und von besonders geschulten Fachkräften begleitet werden, zudem Eltern mit trans- oder intersexuellen Kindern eine „angemessene Beratung“ bekommen. „Wir fordern den Senat auf, diese Maßnahmen bis Mitte 2018“ umzusetzen, schreiben die Initiatoren des CSD. Daneben soll sich Rot-Grün im Bundesrat etwa für den Schutz und die Gleichstellung trans- und intersexueller Menschen stark machen.

Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) hat die Schirmherrschaft übernommen. Ansonsten aber hält er sich mit Zusagen zurück: Er wirbt zwar für ein „diskriminierungsfreies Leben“ queerer Menschen. Mehr Beratungsangebote wird es aber nicht geben: Die vorhandenen Strukturen sollen „erhalten bleiben“, sagte er dem CSD Bremen e.V. im Video-Interview – und gab zu, dass das Rat&Tat-Zentrum in der Vergangenheit „hier und da gelitten“ habe.

2005 gab es schon mal einen Versuch, den CSD in Bremen wiederzubeleben: Ein aus Würzburg stammender Veranstalter plante ein Straßenfest. Doch die örtliche Szene beklagte sich über die fehlende Einbindung – und über eine Kommerzialisierung der Veranstaltung. Daraus hat das mittlerweile über 30-köpfige CSD-Team gelernt: „Wir haben uns bewusst gegen einen total kommerzialisierten CSD und für eine Demo entschieden, in der auch kleine Gruppen eine Chance auf Aufmerksamkeit haben.“ Deshalb ist auch der Verkauf von Tickets für Partytrucks verboten.

Damit knüpft der CSD an seine Geschichte an. 1994 kam es zum Eklat und Bremen wurde als CSD-Standort aufgegeben: Ein nicht angemeldeter Wagen wurde unter Einsatz der Polizei aus der Parade entfernt. Er wollte schon damals die Kommerzialisierung anprangern und an die radikalen und politischen Wurzeln des CSD erinnern – den Aufstand von Homosexuellen gegen die Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street im Jahre 1969. Die Bewegung hat starke Bremer Wurzeln: Hier fand 1979, wenige Wochen vor jenem in Berlin, der erste deutsche CSD statt.

Die Demo startet am 26. August um 13 Uhr am Breitenweg, die Kundgebung beginnt um 15 Uhr am Martini-Anleger.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.