Polizei-Videos zu Silvester in Köln: Riskante Räumung
Neu aufgetauchte Polizei-Videos zeigen, dass der Einsatz chaotischer war als bisher angenommen. Teilweise standen wenige Polizisten einer dichten Menge gegenüber.
In den Polizei-Videos ist laut „Westpol“ weiter zu sehen, wie es zu Schlägereien und Tumulten kommt. Eine junge Frau beschwert sich laut darüber, von Männern „angefasst“ zu werden. Immer wieder durchbrechen Personen problemlos die Polizeisperre und laufen auf den Bahnhofsvorplatz. Anders als bislang bekannt, blieb demnach eine der Haupteingangs-Türen des Bahnhofes während der Räumung offen. Das hatte zur Folge, dass bereits kurz nach Ende der Räumung gegen 00.15 Uhr der Platz wieder dicht gefüllt gewesen war, wie es hieß.
Der ehemalige Hagener Polizeidirektor und Dozent für Einsatzlehre, Bernd Liedtke, kritisiere den Einsatz scharf. „Aus meiner Sicht ist die Lage vollkommen falsch beurteilt worden“, sagte er dem WDR-Magazin. Das betreffe sowohl die Planung als auch die Entscheidungen der leitenden Einsatzkräfte vor Ort. „Die Kollegen vor Ort waren überfordert und in großen Teilen sogar persönlich gefährdet“, beurteilte Liedtke die Situation.
„Westpol“ verwies hier auf eines der internen Polizei-Videos, in dem sich Einsatzkräfte selbst verärgert äußern, dass die Räumung nicht reibungslos funktioniert. Auch der Einsatzleiter lässt durchgeben, die notwendige Polizeisperre am linken Ende der Domtreppe könne man einfach „mit zwei Mann nicht halten.“ Dagegen hatte er laut Magazin vor dem Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag ausgesagt, die Räumung sei mit den vorhandenen Kräften machbar gewesen.
In der Silvesternacht hatten am Kölner Hauptbahnhof Gruppen junger Männer vor allem aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum zahlreiche Frauen sexuell belästigt und bestohlen. Bei der Staatsanwaltschaft Köln gingen über tausend Anzeigen ein. Bislang wurde keiner der Täter verurteilt. Die erste Anklage wegen versuchter sexueller Nötigung blieb am Freitag vor dem Amtsgericht Köln erfolglos, weil das Opfer den Angeklagten nicht als Täter wiedererkannte.
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