Politskandal um Fußballclub Rapid Wien: Abfangjäger für die rote Vier
Um die Kritik der SPÖ am Kauf von Kampfjets zu dämpfen, rettete der Rüstungskonzern EADS 2004 den SK Rapid. Der Verein wird von Sozialdemokraten geführt.
WIEN taz | Rapid Wien findet sich im Zentrum eines Finanz- und Politskandals. Der österreichische Rekordmeister soll 2004 ausgerechnet von einem Rüstungskonzern aus einer akuten Liquiditätsklemme gerettet worden sein. Als Gegenleistung hätten führende SPÖ-Politiker ihre Kritik an der umstrittenen Beschaffung von Eurofighter-Abfangjägern heruntergefahren.
Das berichtete vor wenigen Tagen die Wiener Tageszeitung Kurier. Ende 2004 wurde Rapid Herbstmeister – wieder einmal. Insofern keine Sensation. Was damals nur der engste Kreis um das Vereinspräsidium wusste: Die Kassen waren leer. Für die vor Jahresende fälligen Weihnachtsprämien der erfolgreichen Spieler fehlten mehrere 100.000 Euro.
Jetzt wurde das Fax eines Politberaters bekannt, in dem dieser einen Waffenlobbyisten, der als Eisbrecher des EADS-Konzerns einige Bekanntheit erlangte, bat, mit einer Geldspritze auszuhelfen. Das ist insofern brisant, als das Rapid-Präsidium fest in der Hand von SPÖ-Politikern ist. Und die damals oppositionellen Sozialdemokraten ließen kein gutes Haar am Ankauf der teuren Fluggeräte.
EADS hatte damals bereits ein Abkommen mit Rapid, in dem sich der Konzern verpflichtete, jährlich eine Million Euro „für Nachwuchsförderung“ springen zu lassen. Die vergleichsweise bescheidene Summe betrug immerhin fast ein Zehntel des geschätzten Jahresbudgets des Vereins.
Es roch nach Korruption
Das indirekte Sponsoring – so ein vom Kurier in Faksimile vorgelegtes Geheimpapier – sollte bewirken, „dass sich die SPÖ in ihrer Kritik der Abfangjäger auf die Position der Kontrolle im kleinen Untersuchungsausschuss und durch den Rechnungshof sowie eine transparente und begleitende Kontrolle bei den Gegengeschäften zurückzieht. Insbesondere die rote Vier.“
Das heißt, lautstarke Kritik an dem Deal, dessen Begleitumstände nach Korruption rochen, sollte eingestellt werden. Die „rote Vier“, das waren der damalige Parteichef Alfred Gusenbauer, der damalige Zweite Nationalratspräsident und heutige Bundespräsident Heinz Fischer, Fraktionschef Josef Cap und Rudolf Edlinger, Exfinanzminister und seit 2001 Rapid-Präsident.
Aus den vorhanden Unterlagen geht nicht hervor, ob der EADS den Finanzierungswünschen nachkam. Aber in einem jetzt vom Kurier öffentlich gemachten Zwischenbericht an den Sponsor von Juni 2005 heißt es: „Ohne die Unterstützung der EADS wäre der sportliche Erfolg mit dem Meistertitel nicht möglich gewesen.“
Und auch die SPÖ-Granden dürften ihre Vereinbarung eingehalten haben, wenn man diesem Papier glauben darf: „Die Sponsortätigkeit beim SK Rapid Wien führt zu Kontakten, die eine Entspannung des Verhältnisses EADS/SPÖ zur Folge haben werden. Dazu muss lediglich die Gesprächsbasis mit führenden SPÖ-Repräsentanten im Rahmen der Spiele selbst intensiver genutzt werden als in der Vergangenheit.“
Höchste Diskretion
Die Zusammenarbeit wurde mit höchster Diskretion behandelt. Während Sponsoren sonst ihre Logos groß auf den Trikots sehen wollen, verzichtete die Waffenschmiede auf diese Sichtbarmachung. Die Fifa-Statuten verbieten ja auch die Finanzierung von Vereinen durch die Waffenindustrie.
Als das Sponsoring 2007 bekannt wurde, verteidigte sich Vereinspräsident Rudolf Edlinger trotzig: „Das ist ein seriöses Unternehmen, 90 Prozent seiner Produkte haben nichts mit Waffen zu tun. Warum sollte man mit so einem Partner nicht weiter in Kontakt bleiben?“ Die Kooperation blieb bis 2008 – soweit man es heute belegen kann – bestehen.
In Fankreisen, so der Austria-Anhänger Patrick Moser, habe man immer schon vermutet, dass die EADS-Millionen nicht allein dem Nachwuchs dienten: „Rapid war ja knapp vor der Zahlungsunfähigkeit.“ Für Rapid-Fans ist die peinliche Angelegenheit kein Grund, an ihrem Verein zu zweifeln.
So schreibt „bianco verde“ in einem einschlägigen Forum, wo der Skandal heiß diskutiert wird: „Fußball ist hierzulande ein überteuertes Produkt, Fußballer verdienen zu viel und die Vereine wie auch die Anhänger akzeptieren das. Ist nun mal so.“ Von der „roten Vier“ hat sich noch keiner geäußert. Und Rapid-Generalmanager Werner Kuhn, der das Schnorr-Fax an den Lobbyisten damals in Auftrag gegeben haben soll, erinnert sich an nichts mehr.
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