Politischer Wechsel in Simbabwe: Mugabe formal abgesetzt
Nach dem Militärputsch, der keiner sein will, rücken sämtliche politischen Kräfte von Mugabe ab.
Update, 19.11.2017: Die 37-jährige Ära von Robert Mugabe als Alleinherrscher in Simbabwe ist auch formal beendet. Mugabe sei an der Spitze der Regierungspartei Zanu PF durch seinen früheren Stellvertreter Emmerson Mnangagwa ersetzt worden, sagten Vertreter von Zanu PF am Sonntag am Rande einer Parteiversammlung. Der Chef der einflussreichen Veteranen-Gruppe in der Partei, Chris Mutsvangwa, bestätigte dies und sagte, auch Mugabes Absetzung als Präsident Simbabwes werde nun eingeleitet. Der 93-jährige solle das Land verlassen, so lange er das noch könne. (reuters)
In einer dramatischen Entwicklung hatten die Kriegsveteranenverbände, lange Zeit Mugabes paramilitärische Stütze, für Samstag zu Demonstrationen gegen den Präsidenten aufgerufen. „Wir applaudieren den Streitkräften“, sagte Christopher Mutsvanga, Leiter des Kriegsveteranenverbandes. „Sie verhalten sich professionell. Sie haben ihren Teil getan. Wir sprechen Mugabe und seiner Clique eine Warnung aus, dass es vorbei ist. Wir sprechen als Simbabwer, nicht als Parteien.“
Zugleich sprach Mutsvanga Oppositionsführer Morgan Tsvangirai von der MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) seine Anerkennung aus. „Tsvangirai respektiert unsere Sicherheitskräfte, weil er weiß, dass sie wichtig für die Nation sind“, sagte Mutsvanga. An Mugabe gerichtet: „Mugabes Verfallsdatum ist das von frischer Milch.“
Erst in der Nacht zum Mittwoch hatten Simbabwes Generäle die Panzer rollen lassen, um gegen „Verbrecher“ im Umfeld Mugabes vorzugehen. Sie verhafteten die wichtigsten Figuren der sogenannten „G40-Fraktion“ der Regierungspartei, die die präsidialen Ambitionen der First Lady Grace Mugabe unterstützt – Hochschulminister Jonathan Moyo und Wohnungsbauminister Saviour Kasukuwere; dazu Finanzminister Ignatious Chombo, dessen Sicherheitspersonal dabei von Soldaten erschossen wurde.
Armee wartet ab
Aber es sei „kein Putsch“, betonten die Generäle, und in den Tagen danach vollführten sie mit Robert Mugabe, formell weiterhin Präsident und Oberkomandierender der Streitkräfte, PR der Spitzenklasse: Sie ließen ihn seiner Amtsgeschäfte nachgehen und einer Graduierungsfeier an einer Universität beiwohnen. Er durfte Präsident sein – aber unter genauer Beobachtung des Militärs, und ohne seine Ehefrau Grace und den festgenommenen Hochschulminister Moyo.
Die Armee wartet, bis Mugabes Macht von ganz alleine verschwindet. Seit dem Eingreifen des Militärs setzt sich Mugabes Regierungspartei und ehemalige Befreiungsbewegung Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/ Patriotische Front) von ihm ab. All jene, die mit dem am 6. November abgesetzten Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa sympathisieren, wurden wieder rehabilitiert. Sie waren zuvor einer Säuberung zum Opfer gefallen, mit dem Ziel, Grace Mugabe den Platz als Präsidentschaftskandidatin bei den Wahlen 2018 freizuräumen und sie damit zur natürlichen Nachfolgerin ihres 93jährigen Ehemannes zu machen. Alle Parteistrukturen sollten bis dahin auf Linie gebracht werden.
Jetzt hat sich die Linie geändert. Am Freitag sprachen die meisten Landesverbände von Zanu/PF auf Sondertreffen ihrer Führungsgremien Mugabe das Misstrauen aus und forderten seinen Rücktritt oder wahlweise seine Absetzung als Präsident. Sie erklärten ihren bisherigen Führer zu einer riesigen Belastung und stellten sich hinter die Generäle. Acht der zehn Landesverbände folgten dieser Linie. Nur Matabeleland North and South wollten noch beraten.Wenn alles klar ist, wird die nationale Parteiführung einen Beschluss über Mugabes Zukunft fällen.
Selbst aus der Polizei, deren Führung festgenommen worden ist, gab es Loyalitätsbekundungen zur Armee. „Wir, einfache Mitglieder der Zimbabwe Republic Police, sind froh, dass ihr uns von diesen hochrangigen Offizieren befreit habt, die uns für ihre eigenen Zwecke benutzt haben“, heißt es in einer Erklärung aus den Reihen der Polizei. Man habe unter „Höllenbedingungen“ gelebt und sei gezwungen worden, die Bevölkerung zu schikanieren: „Die gesamte Bevölkerung hasst uns zutiefst, wegen dieser geizigen Kommandeure, die uns auf die Straße stellten und uns befahlen, den Menschen ihr hartverdientes Geld abzunehmen.“ Jetzt hingegen bestehe die Hoffnung auf ein „neues Simbabwe“.
Es ist eine Hoffnung, die sehr viele Menschen in Simbabwe jetzt haben. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob sie erfüllt wird.
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