Politischer Streit von Peking und Seoul: China boykottiert den Gangnam Style
Wegen eines US-Raketenabwehrsystems in Südkorea bestraft China die dortige Popkulturszene. Unter der Zensur leidet vor allem das chinesische Volk.
Im Juli dieses Jahres entschied die südkoreanische Regierung, den USA die Stationierung eines Raketenabwehrsystems innerhalb des Staatsgebietes zu genehmigen. Zum Schutz der südkoreanischen Bevölkerung vor nordkoreanischer Aggression, die sich in Atomwaffen- und Raketentests manifestiere, hieß es. China zeigte sich nicht begeistert: Der Ausbau des Abwehrsystems gefährde die regionale Stabilität.
Doch neben diesem offiziellen politischen Statement häufen sich seit einigen Wochen die Berichte von Repressionen gegenüber Künstler*innen der südkoreanischen Popkultur, „K-Pop“ genannt. Von Einreiseverboten südkoreanischer Stars bis hin zur Absetzung und Sperrung von TV-Shows und Serienformaten des K-Pop ist die Rede.
Das ist brisant. Denn von einer Musiksubkultur innerhalb Südkoreas haben sich die K-Pop-Künstler*innen zu einem der wichtigsten Exportschlager der Kulturindustrie entwickelt. Im gesamten asiatischen Raum und sogar weltweit konnten sich innerhalb der letzten 20 Jahre die Musik, die Shows und die Soaps der „Korean Wave“ fest etablieren.
Zu den bekanntesten Gesichtern zählen PSY (Gangnam Style, Gentleman), Big Bang oder Girls' Generation. Allein die drei größten Labels, S.M., YG und JYP, machten im Jahr 2014 einen Umsatz von fast 500 Millionen US-Dollar. Nichts im Vergleich zur weltweiten Musikindustrie. Und doch bietet der Markt damit eine Angriffsfläche.
Die chinesische Führung dementiert die Vorwürfe bisher. Man wisse von keinen Restriktionen, man sei sogar an interkulturellem Austausch interessiert. Asiatische Medien und internationale Musikplattformen bestätigen die Vorfälle jedoch. Mit den Repressionen wird der chinesischen Bevölkerung wieder einmal das Recht genommen, sich über die Grenzen hinaus an Kultur zu orientieren. Das dürfte nicht sein.
Empfohlener externer Inhalt
PSY mit „Gangnam Style"
Aus der Sicht des chinesischen Zensurapparats ist das Vorgehen jedoch nur konsequent. Eine jubelnde Junggeneration vor US-freundlicher Popkultur dürfte dem Regime schon länger ein Dorn im Auge gewesen zu sein.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip