Politische Morde in Bangladesch: Erstmals Schwulenaktivist getötet
Die Mordserie mutmaßlicher Islamisten gegen liberale und säkulare Kräfte geht weiter. Die Regierung spricht von Einzelfällen.
Laut der US-Terrorbeobachtungsstelle Site bekannte sich die Gruppe Ansar al-Islam, ein Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida, zu der Tat. Die Gruppe hatte sich schon zu anderen politischen Morden in Bangladesch bekannt. Ein Augenzeuge will den Ruf „Allahu Akbar“ („Gott ist groß“) gehört haben, der auf Islamisten deutet.
Der als einer der wenigen in Bangladesch offen schwul lebende 35-jährige Mannan war Herausgeber des 2014 gegründeten Magazins Roopbaan. Es ist das einzige Magazin des Landes für sexuelle Minderheiten. Auch der bei dem Attentat getötete Freund war dort aktiv. In Bangladesch kann gleichgeschlechtlicher Sex mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.
Mannan arbeitete zugleich in der US-Botschaft für das Entwicklungsprogramm USAID. Früher war er in der Protokollabteilung beschäftigt gewesen. US-Botschafterin Marcia Bernikat sagte, sie sei „am Boden zerstört“. Die USA forderten von der Regierung in Dhaka, die Täter zu finden.
Mannan war auch Mitorganisator eines am 14. April 2016 geplanten „Regenbogenmarsches“ sexueller Minderheiten gewesen, den die Polizei aus Angst vor Islamisten verboten hatte. Mannan hatte laut einer Freundin zuletzt auch Morddrohungen erhalten.
Erst am Samstag war mit dem atheistischen Professor Rezaul Karim Siddigue ein weiterer liberaler Vertreter der Zivilgesellschaft des überwiegend muslimischen Landes in der nordwestlichen Stadt Rajshahi getötet worden. Dazu bekannte sich laut Site die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Wie bei vorherigen Fällen bestritt die Regierung aber dessen Täterschaft. Der IS sei in Bangladesch nicht aktiv. Die Regierung macht vielmehr mit der Oppositionspartei BNP verbündete Islamisten für die Morde verantwortlich.
Laut dem Innenminister sei Bangladesch sicherer als manches westliche Land. Morde wie an dem Professor nannte er Einzelfälle. Am Montag berichtete aber auch der bekannteste Blogger des Landes von anonymen Morddrohungen. Deren Quelle vermutete er im Regierungslager. Die beiden Morde sind nur die jüngsten Beispiele einer Serie von Anschlägen auf Blogger, Verleger, Entwicklungshelfer und Studenten, die sakuläre und liberale Haltungen zeigten. Mannan war jetzt der erste ermordete Homosexuelle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen