Politdrama in Thailand: Kein Regierungschef gewählt

Der siegreiche Oppositionskandidat ist bei der Wahl zum Premierminister im Parlament durchgefallen. Er bereitet sich auf eine zweite Wahlrunde vor.

Pita Limjaroenrat im Anzug mit aneinander gehaltenen Handflächen vor dem Mund um ihn herum andere Männer im Anzug

Die Mehrheit verpasst: Pita Limjaroenrat im Parlament in Bankok Foto: Sakchai Lalit/ap

BANGKOK taz | Die Gegend um das thailändische Parlament glich am Donnerstag einem Heerlager. Ein massives Polizeiaufgebot war am Tag der Wahl des Premierministers zum Schutz der Volksvertretung aufgeboten worden. Demonstranten durften sich allerdings auf einem Platz in Sichtweite des Parlaments hinter Barrikaden versammeln.

Die extremen Sicherheitsmaßnahmen wurden nicht von ungefähr ergriffen, denn schon seit der Parlamentswahl vom Mai dieses Jahres war klar, dass die Wahl von Pita Limjaroenrat von der liberal-demokratischen Reformpartei Move Foward (MFP) zum Premierminister Thailands am Widerstand der Elite und des Militärs scheitern wird. So kam es auch. Pita fehlten bei der Abstimmung am späten Donnerstagnachmittag 51 Stimmen zur Mehrheit.

Das Ergebnis der von Wahlbeobachtern als einigermaßen fair eingeschätzten Wahl im vergangenen Mai war eindeutig: MFP und ihr charismatischer Spitzenkandidat Pita, 42, wurden stärkste Kraft. Die beiden der dem Militär nahestehenden bisherigen Regierungsparteien fielen mit Pauken und Trompeten bei den Wählern durch. Nicht so in Thailand.

Nach dem Putsch vom Mai 2014 sorgten die Elite und das Militär mit einer maßgeschneiderten Verfassung dafür, dass nur Premierminister werden kann, wer bei einer gemeinsamen Sitzung von Repräsentantenhaus und Senat die Mehrheit beider Kammern – 375 Stimmen – erhält. Die Senatoren aber wurden samt und sonders vom Militär ernannt und die MFP und ihre Koalition kommen zusammen auf 312 Abgeordnete.

Von den 705 teilnehmenden Abgeordneten aus Senat und Repräsentantenhaus stimmten 182 dagegen, 199 enthielten sich, und nur 324 stimmten für Limjaroenrat – 51 zu wenig.

Es fehlten 51 Stimmen zur Mehrheit

Knackpunkt des Widerstands der Elite gegen Pita und die MFP ist deren erklärtes Ziel, den Majestätsbeleidigungsparagrafen 112 des Strafgesetzbuches zu reformieren. Für die Elite aber ist der Paragraf 112 unverzichtbar für den Schutz der Monarchie. Und auch die Koalitionsparteien der MFP wollen das Thema 112 nicht anrühren. Der Paragraf wurde in den letzten Jahren verstärkt gegen junge Menschen eingesetzt, die 2020 nach der erzwungenen Auflösung der Future Forward Partei, der Vorgängerorganisation der MFP, demokratische Reformen und – bis dahin ein absolutes Tabuthema – öffentlich eine Reform der Monarchie forderten.

Zurück auf Los, ziehe nicht den Premierministerposten ein

„Wir wussten von zwanzig Senatoren, dass sie trotzdem für Pita stimmen wollten“, sagt Akarachai Chaimaneekarakate von den „Thai Lawyers for Human Rights“. Letztlich waren es aber nur 13. Den Stimmungswandel der anderen sieben Senatoren könnte die Wahlkommission bewirkt haben, die einen Tag vor der Abstimmung beim Verfassungsgericht die Aberkennung des Parlamentsmandats von Pita beantragt hatte. Grund: er besitzt Anteile an dem Sender iTV und laut Wahlrecht ist Bürgern mit Anteilen an Medienunternehmen die Kandidatur für ein politisches Amt verboten.

Der doppelte Witz bei dem Vorwurf, den jetzt das vom Senat ernannte Verfassungsgericht prüfen muss: die Firma iTV existiert zwar noch auf dem Papier, aber der Sender hat schon vor vielen Jahren den Betrieb eingestellt und über die Anteile verfügt Pita nur als Nachlassverwalter seines Vaters.

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