: Polen für Junktim bei der Grenzfrage
■ Polen drängt auf Vertrag vor Eintreten der deutschen Souveränität / Bonn verweist auf alte Beschlüsse
Warschau/Bonn (dpa)- Polen will nach jüngsten offiziellen Äußerungen bei den nächsten Vier-plus-zwei-Gesprächen in Paris darauf hinwirken, daß die Souveränität eines vereinten Deutschlands bis zum späteren Inkrafttreten eines deutsch -polnischen Grenzvertrages hinausgezögert wird. Wie Außenministeriums-Sprecher Wladyslaw Klaczynski gestern im Gespräch mit 'dpa‘ erklärte, begründet seine Regierung dies mit der Weigerung der Bundesregierung, einen Vertragstext noch vor der Vereinigung Deutschlands zu verhandeln. In Bonn haben diese Äußerungen Verständnislosigkeit ausgelöst.
Die Arbeiten an dem Grenzvertrag zwischen Polen und Deutschland, so der polnische Außenamtssprecher, würden wegen der Haltung der Bundesregierung erst nach der Vereinigung Deutschlands aufgenommen werden. Bonn erwartet dagegen eine Klärung bereits von der Vier-plus-zwei -Verhandlungsrunde am kommenden Dienstag. Im Bundesaußenministerium wurde gestern als Reaktion auf die Klaczynski-Äußerungen lakonisch auf die entsprechende Erklärung der zweiten Ministerrunde vom 22. Juni in Ost -Berlin erwiesen. Dort hatte es geheißen, die Außenminister wünschten übereinstimmend, daß die Regelung der polnischen Westgrenze bei der Sitzung in Paris „ihrer endgültigen Klärung“ zugeführt wird. Als „äußerst befremdlich hat der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl-Heinz Hornhues, die polnische Forderung zurückgewiesen.
Der polnische Außenminister Krysztof Skubiszewski wird am nächsten Dienstag ausnahmsweise - im Hinblick auf die Grenzfrage - an der Verhandlungsrunde der beiden deutschen Staaten mit den USA, der UdSSR, Großbritannien und Frankreich teilnehmen. Polen ist nicht Mitglied des Vier -plus-zwei-Prozesses, der allein für die Ablösung der Vier -Mächte-Rechte und damit für die Herstellung der vollen Souveränität Gesamtdeutschlands zuständig ist. Im Kanzleramt liegt außerdem ein Breif des polnischen Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki vor, der in der letzten Woche dem Bundeskanzler versicherte, Polen bestehe nicht mehr auf der Paraphierung des Grenzvertrages vor der deutschen Vereinigung.
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