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Polanski bloggt"Ich kann nicht länger schweigen"

Bisher hatte sich der Regisseur Roman Polanski nicht zu den Vorwürfen geäußert, die ihn des Sex mit einer Minderjährigen bezichtigen. Doch jetzt bricht er sein Schweigen.

Will jetzt reden: Roman Polanski. Bild: dpa

BERLIN taz | Seit Roman Polanski im September am Zürcher Flughafen verhaftet wurde, hat er sich nicht öffentlich geäußert. Keine Rechtfertigung in eigener Sache, keine Erklärung, keine Entschuldigung bei der Frau, die er 1977 zum Sex gezwungen haben soll, zu einem Zeitpunkt, als sie 13 Jahre alt war. Bisher meldeten sich nur seine Anwälte zu Wort. Sie versuchten zu erwirken, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens auch ohne Polanskis Anwesenheit vonstatten geht. Ohne Erfolg: Im April wies ein US-amerikanisches Berufungsgericht ihr Gesuch ab.

Nun hat sich der 76 Jahre alte Regisseur doch zu Wort gemeldet. Unter dem Titel "Ich kann nicht länger schweigen" hat er auf der Internetseite des französischen Publizisten Bernard-Henri Lévy eine Erklärung veröffentlicht. Die kreist in erster Linie darum, wie sehr sich Polanski von der kalifornischen Justiz hintergangen sieht. Das Verfahren, das 1978 gegen ihn stattfand, mündete zunächst in einen Handel zwischen Richter und Angeklagtem; der Vorwurf, der ursprünglich auf Vergewaltigung lautete, wurde auf Sex mit einer Minderjährigen begrenzt, Polanski bekannte sich in diesem Anklagepunkt schuldig, die bereits abgeleistete Haft sollte ihm angerechnet werden.

Doch der Richter änderte seine Meinung, kurz bevor er das Urteil verkünden sollte. Polanski skandalisiert diesen Wortbruch und die Profilierungssucht des Richters, und er unterstellt dem heute ermittelnden Staatsanwalt ähnlich unlautere Motive. Am Ende seines Textes appelliert er an die Schweiz, ihn nicht auszuliefern, "sodass ich in Frieden und als freier Mann in mein Land und zu meiner Familie zurückkehren kann". Ein Wort des Bedauerns für die betroffene Frau fällt nicht.

Je mehr Polanski sich als Opfer sieht, umso weniger nimmt er wahr, dass seine Erklärung für ihn selbst zu einem ungelegenen Zeitpunkt kommt. Im September mochte es noch genug Menschen geben, die dachten, dass keine sexuelle Gewalt vorliegen kann, solange das Opfer nicht grün und blau geprügelt wurde, und es als Ausweis des liberalen Geistes der 70er-Jahre werteten, wenn ein 44 Jahre alter Mann Sex mit einem Teenager hatte. Wer Polanski heute mit diesen Argumenten entlasten möchte, sieht sich vor das Problem gestellt, dass er mit all den Priestern und Pädagogen, die Kinder und Jugendliche zu sexuellen Handlungen nötigten, genauso verfahren müsste.

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21 Kommentare

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  • Q
    QSymm

    Liebe taz,

     

    betreffs der Titelunterschrift diese Artikels: Eine Dreizehnjährige mit Drogen abfüllen und diverse sexuelle Dinge mit ihr zu tun, obwohl sie nein sagt, ist keine "Sex mit einer Minderjährigen", sondern Kindesmissbrauch und/oder Vergewaltigung oder was weiß ich.

     

    Versucht doch bitte, euch nicht dem weit verbreiteten Euphemismus in dieser Angelegenheit anzuschließen.

  • A
    Adoli

    @Sat

     

    Das schöne ist doch, dass die Mutter des Mädchens quasi daneben saß bzw. miterlebt hat, wie ihre Tochter Drogen genommen hat...

     

    Bin mir nicht sicher wo hier die Parallele zu Schutzbefohlenen bei der Kirche zu finden wäre.

     

    Polanski gehört bestraft, aber hier so zu tun, als wäre das Vergehen von Priester an Schutzbefohlenen gleichzusetzen mit dem Sex auf einer Drogenparty an der die Mutter des Mädchens sogar teilgenommen hat, ist von der taz ziemlich weit hergeholt.

     

    Gruß

  • K
    Kali.

    an Arribet.

    Er habe gesagt!!!Zu ausgehandelten Bedingungen!!!

    Sagen kann man vieles.Ein Gerichtssaal ist kein Marktplatz.

    Meines Wissens nach hat dieser (vom Schicksal gebeutelter) Mann sich der gleichen Justiz entzogen (Flucht nach Europa) in welcher er mal als Nebenkläger fungierte.

  • C
    Christian

    Ich schließe mich der Meinung an, das die ganze Geschichte, vor einem europäischen Gericht, neu aufgerollt werden sollte.

    Warum will denn das "Opfer" heute nichts mehr damit zu tun haben?War es vielleicht doch so , das die Kleine von Ihrer Mutter, aus Geldgier, in Polanskis Bett gelegt wurde?

    Um so nahe wie möglich an die Wahrheit zu kommen, sollte das Ganze besser nicht in einem amerikanischen Schmierenkomödienprozess enden.

  • J
    jonas

    @sat einfach mal genauer lesen!

     

    Polanski saß DAMALS 42 Tage in Haft, von der Verhaftung bis zu seiner Flucht während des Prozesses. Er hat mit dem Richter einen Deal gemacht, laut dem die verbüßte Haftstrafe als Strafe ausreichen sollte (1,5 Monate Knast für Sex mit Minderjähriger) aber dann hat der Richter die Absprache gebrochen und wollte ihn doch länger verknacken.

     

    Ich möchte betonen, dass meiner Meinung nach der Deal mit dem Richter nie hätte zustande kommen dürfen, da die Strafe nicht im geringsten angemessen für die Art des Vergehens ist.

     

    ABER wo kommen wir denn hin, wenn ein Gericht seine Meinung wie ein Fähnchen im Wind drehen kann, von getätigten Absprachen nach Lust und Laune zurücktreten kann. Dies ist nicht zulässige Willkür, die sich ein Justizsystem nicht leisten kann, wenn es seine Glaubwürdigkeit erhalten will.

     

    Deshalb hätte man Polanski damals die Eier abschneiden sollen, heute muss man ihn meiner Meinung nach frei lassen.

  • M
    McMalcom

    Dieser Fall polarisiert. Zurecht. Aber: Polanski ist damals zu einer rechtmäßigen Strafe verurteilt worden, die er auch abgesessen hat und mit der sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Opfer der Vergewaltigung einverstanden war. Sie sagt heute selbst, für sie sei der Fall erledigt und sie habe damit abgeschlossen.

     

    Da drängt sich schon die Frage auf, wer wohl am meisten davon profitiert, wenn dieser Fall erneut aufgerollt wird. Das Opfer? Wohl kaum. Polanski? Auch schlechte Publicity ist Publicity. Die Gerechtigkeit? Naja. Wahrscheinlich am ehesten die Justiz oder vielmehr ihre Vertreter.

     

    Von daher halte ich Polanksis Äußerungen durchaus für überdenkenswert.

     

    Guten Tag.

  • C
    CarlRobert

    @Goldhammer @ aribert. Polanski hat ein Kapitalverbrechen begangen und dieses auch zugegeben. er hat ein 13! jähriges Mädchen zum Sex gezwungen. In Deutschland würde sowas nicht unter einem Jahr geahndet. Jetzt auf den amerikanischen Richtern rumhacken nur weil es wieder mal die bösen Amerikaner sin ist lächerlich. Die ursprüngliche Abmachung hat Polanski damals nur wegen seines Prominentenstatuses bekommen und der Richter hat sich damals Gottlob eines besseren besonnen. Warum der Prozess in der Schweiz wiederaufgerollt werden soll obwohl ein amerikanisches Mädchen in den USA vergwaltigt wurde ist mir schleierhaft. Ich hoffe wirklich das hier noch Gerechtigkeit walten wird. In den USA wird sexueller Missbrauch an Kindern wenigstens nicht verjährt wie in Deutschland

  • D
    David

    Soll das ein Artikel oder ein Kommentar sein?

  • V
    verena

    ... wer hätte jedacht, dass roman polanski sich überhaupt jemals zu wort meldet!

    ... es mag sein, dass sich die us-amerikanische justiz nicht an absprachen gehalten hat. zur kompetenz derselben kann ich mich nicht äußern, mir fehlt das hintergrund wissen. eine 42tägige strafe für sexuellen missbrauch einer minderjährigen erscheint jedoch wohl kaum angemessen, wenn denn die vorwürfe zutreffen. dass die betroffene frau das ganze endlich ruhen lassen will, ist verständlich. aber darf man das ganze deswegen unter den teppich kehren? es ist doch keine privatangelegenheit ...

    ... was mich im letzten herbst auch sehr ägerte, war die reaktion zahlreicher kulturschaffender, welche polanski sofort unterstützten, weil er ja (unbestrittener weise) ein so bedeutender regisseur ist. damit haben sie ALLE kulturschaffende in misskredit gebracht. denn es enstand der eindruck, eben jene würden sich als über dem gesetz stehend ansehen. und das ist natürlich unsinn.

  • TH
    Thomas Hemberger

    Zweifellos zählt Roman Polanski zu den bedeutendsten Filmschaffenden überhaupt.

    Sein Film "Der Pianist" zählt fraglos zu den mit Abstand stärksten Filmen überhaupt!

     

    Doch auch meine große Hochachtung für den genialen Filmschaffenden Polanski vermag mich nicht milde zu stimmen, wenn es um seine eigene dunkle und obessive Seite geht, die er einst auf Kosten eines Kindes rücksichtslos und seelenzerstörerisch ausgelebt hat!

     

    Dafür soll Roman Polanski sich nun endlich vor Gericht verantworten, in einem fairen und rechtsstaatlichen Verfahren.

     

    Schluss mit Weglaufen und Schuld abwehren!

     

    Schluss mit Lügen und Schmierenkömmödie!

     

    Ich erwarte von Roman Polansi, dass er seine hohen moralischen Maßstäbe endlich einmal auch auf sich selbst bezieht, und dass er damit aufhört, sich in typischer Tätermanier immer nur als das vermeindliche Opfer zu präsentieren, dass er in diesem konkreten Fall von Missbrauch und mehrfacher Vergewaltigung eines 13jährigen Mädchens eindeutig nicht ist!

    Denn er ist in diesem Fall nachweislich der TÄTER!

     

    Ich bin schockiert und entsetzt von Polanskis egomanisch-selbstmitleidiger Ichbezogenheit, wie sie in seinem jetzigen unsäglichen Pamphlet zum Ausdruck kommt!

     

    Polanski hat einem anderen Menschenwesen brutal dessen Kindheit zerstört und dessen Leben auf das allerschwerste irreparabel beschädigt!

    Als ihm die drohenden Konsequenzen für sein weiteres Leben bewusst wurden, machte er sich feige aus dem Staub.

     

    Seither war und ist er auf der Flucht, vor der schmerzhaften Konfrontation mit den zerstörerischen Folgen seiner eigenen nihilistischen Gewalttat.

     

    Damit muss nun endlich Schluss sein!

  • H
    Hans

    Zitat Polanski: "Everyone wants to fuck young girls."

    Ob Strafe oder nicht.. der Typ muß in Therapie.

     

    Andere Frage:

    Was sagt eigentlich Jack Nicholson dazu? Auf einer Party in dessen Haus, ist das ja wohl damals "passiert".

    Solange der Nicholson sich nicht öffentlich von Polanski distanziert, muß man wohl davon ausgehen, that he also "wants to fuck young girls." (Das wären dann noch mehr Filme, die man nicht mit Eintrittsgeld unterstützen sollte.)

  • M
    Marie

    @bernd wand:

     

    "Hätte Polanski einen Job im Vatikan oder generell in der Kirche, wäre die Sache auf jeden Fall verjährt!"

     

    Haha, ja genau, oder in einer reformpädagogischen 68er Schule. :-)

  • B
    bernd

    Polanskis Fall läßt sich mit den aktuell bekannt gewordenen Missbrauchsfällen nicht vergleichen. Die betroffene Frau möchte nicht, dass Polanski nach 32 Jahren vor Gericht kommt. Er war und ist auch kein Lehrer, Priester oder Heimerzieher, dessen Funktion eine besondere Fürsorge verlangt. In seinem Fall vertuschen verantwortliche Stellen auch nichts. Wenn die Frau keine Strafverfolgung des 72-jährigen wünscht, kann auch kein öffentliches Interesse daran bestehen.

  • M
    Maria

    Ab ins Kittchen Herr Polanski, versuchen sie erst gar nicht die Rolle vom Täter in die des Opfers zu verwandeln. Das kauft ihnen kein Mensch mit gesundem Verstand ab. Es darf einfach keine Verjährung mehr geben, in keinem Land für niemanden.

  • A
    Anne

    Gut, das in USA so eine Tat nicht verjährt.

     

    Man mögesich erinnern das Polanski der 13 jährigen ein Entspannungsmittel verabreicht hat, damit er sie besser anal vergewaltigen kann.

  • C
    Charlot

    @arribert

    ich sehe das genauso. Die damals 13-Jährige hat nachdrücklich darum gebeten, dass das ganze nicht noch einmal aufgerollt wird vor allem auch zum Schutz ihrer heutigen Familie, insbesondere ihrer Kinder.

    Wenn es, wie in der katholischen Kirche irgendeine Form der Anklage von dem Opfer gäbe, es wäre für mich ein Muss, dieses dann mit allen rechtlich möglichen Mitteln zu verfolgen. Aber genau dieses gibt es nicht, sondern genau das Gegenteil. Opferschutz ist für mich auch ein hohes Rechtsgut.

  • A
    arribert

    @sat: Was ist denn seine Strafe? Er sagt ja, dass er zu den ursprünlich ausgehandelten Bedingungendazu bereit wäre seine Strafe anzutreten.

    Man sollte nicht vergessen, dass das Opfer mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben möchte. Insofern wird die bedauernswerte Dame, jetzt nach über dreißig Jahren wieder in die Öffentlichkeit gezerrt und will wahrscheinlich nur noch ihre Ruhe.

    Dies soll jetzt nicht das Handeln Polanskis entschuldigen, aber es scheint tatsächlich so, als ob der Richter sich nicht an seine Absprachen gehalten hat.

  • BW
    bernd wand

    Hätte Polanski einen Job im Vatikan oder generell in der Kirche, wäre die Sache auf jeden Fall verjährt!

  • K
    Klaus

    Wie kann Polanski annehmen, dass mit 42 Tagen Haft seine von ihm zugegebene Straftat abgegolten ist.

    Polanski leidet an Selbstüberschätzung, die sich jedoch nicht strafmildernd auswirkt.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Man sollte sich bei der Betrachtung des Falles auch vergegenwärtigen, dass Polanski mit seinen Filmen so manchem US-Politiker auf die Füße getreten ist. Dazu kommen katastrophale Handlungsspielräume für eitle, aufstiegsgeile US-Richter. Politiker lieben es, in diesem Spannungsfeld über ihre Juristen Rache zu üben. Nein, amerikanische Gerichte sind am allerwenigsten Garanten für Recht. Wie war das damals mit Bruno Richard Hauptmann, Angela Davis, Ethel und Julius Rosenberg?Bei Bedarf liefere ich gern weitere prominente Opfer- Namen nach. In der US-Justizgeschichte gibt es viele Beispiele für Rechtsbeugung und Justizversagen. Wenn Amerika zustimmen würde, sollte der Fall in der Schweiz neu aufgerollt werden. Polanski ist kostbar für die Welt, noch bedeutender aber ist Gerechtigkeit. USA Gerichte können das nicht leisten.

  • S
    sat

    Polanski mag versuchen, sich als Opfer darzustellen, das wird ihm aber nicht gelingen.

    Bei Sex mit einer Minderjährigen ist es egal, wann das passiert ist. Dazu soll man die Eltern des damaligen Mädels fragen!

     

    Nur weil er Prominent und anerkannt erfolgreich, soll ja nicht heißen, dass bei ihm die Gesetze keine Gültigkeit haben. Erfolg wird wohl leider sehr oft von vielen falsch interpretiert. Das Traurige ist, dass viele normale Menschen dem sogar zustimmen.

     

    Er soll ausgeliefert werden und seine Strafe zu Ende absitzen.