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Pokalhalbfinale der FrauenKalte Schulter der Bosse

Die Bayern-Chefs sind zum Pokalhalbfinale der Münchnerinnen gegen Hoffenheim nicht aufgetaucht. Zum Fußball der Frauen kommt man zur Titelgratulation.

Unzufrieden mit der Abwesenheit der Bosse: Giulia Gwinn Foto: Harry Langer/dpa

G iulia Gwinn war nicht amüsiert. Die DFB-Kapitänin, die dem FC Bayern beim Pokalhalbfinalsieg gegen die TSG Hoffenheim (3:2) verletzt fehlte, merkte an, dass sie die Abwesenheit der Bayern-Bosse „sehr, sehr schade“ finde. Ein Pokalhalbfinale sei „eigentlich etwas, wo man sich Präsenz erhofft“. Und: „Ich hoffe, dass sie es zumindest im Fernsehen verfolgen.“ Im höflichen deutschen Frauenfußball ist das Codesprache für: What the fuck stimmt bei euch nicht?

Wieder einmal hatten die Bayern-Bosse ihrer Frauensparte am Samstage irritierend die kalte Schulter gezeigt: Nicht nur, dass die wohl kommenden Meisterinnen und Pokalsiegerinnen wie üblich im playmobilgroßen Campus kicken mussten. Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund blieben der Veranstaltung gleich ganz fern. Obwohl alles bereitet war, weil die Männer wegen der Länderspielpause nicht ­parallel antraten.

Nun ist kicken ohne Bosse ja eigentlich schöner als mit. Im durchrationalisierten Frauenfußball ist das wohl vergessen. Aber es bleibt eine eigenwillige Hierarchie, wonach Klubbosse sich zu jedem Grottenkick der ersten Mannschaft der Männer setzen, aber zu den Frauen hauptsächlich kommen, wenn ein Titel zum Händeschütteln verpflichtet oder die Männer spielfrei haben – und die meisten Fans das für logisch halten. Gleichberechtigung bleibt im Fußball urkapitalistisch definiert: Gleich beachtet wird, wer gleich viel Kohle bringt. Was natürlich gewisse Mühen voraussetzen würde. Die Bayern-Bosse wirken unschlüssig, ob es bei den Frauen „Forever Number One“ heißen soll oder lieber ein bisschen national „Number One“, und dann schau mer mal.

Das mit der nationalen number one klappte diesmal so gerade in einem wilden Spiel gegen die TSG Hoffenheim, die erst 2:0 in Führung lag und dann doch noch mit 2:3 verlor. Geprägt war das Pokalhalbfinale von Aussetzern auf beiden Seiten: Sydney Lohmann leitete mit einem desaströsen Rückpass unfreiwillig das 0:2 ein; auf der anderen Seite revanchierte sich Hoffenheims ­Ersatztorhüterin Laura Dick, die völlig unnötig fast bist zur Mittellinie aus dem Kasten kam und mit einem bösen Patzer das 2:3 verursachte. Den erneut nicht überzeugenden Münchnerinnen bescherte das das Finale – wo sich Bosse blicken lassen.

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Alina Schwermer
freie Autorin
Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum und Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen und übers Reisen. Autorin mehrerer Bücher, zuletzt "Futopia - Ideen für eine bessere Fußballwelt" (2022), das auf der Shortlist zum Fußballbuch des Jahres stand.
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1 Kommentar

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  • Die Bayern-Chefs sind doch das Sinnbild des bayrischen Patriarchats schlechthin. Es ist also kein Wunder, dass da bei sowas rauskommt.



    Vielleicht hätte Giulia doch auf den Bayern-Song der Toten Hosen gehört.

    "Nie im Leben würde ich zu Bayern gehen." - Campino