Podcastkritik „schon gehört?“: Von, mit und für Christian Lindner
Der FDP-Politiker leistet sich mit „1 Thema, 2 Farben“ eine eigene Gesprächsrunde. Besonders lustig wird das, wenn Lindner mit seinesgleichen spricht.
Podcasts funktionieren immer dann besonders gut, wenn man sich mit dem Host identifizieren kann. Bei „1 Thema, 2 Farben“, dem Podcast von Christian Lindner ist das genau andersherum. Den höre ich, gerade weil mich mit dem Host auf den ersten Blick kaum etwas verbindet. Er: reich, mächtig und erfolgreich. Ich: Praktikant bei der taz. Ich: Fan von Mietpreisbremse und Vermögensabgabe. Er: Freier Demokrat. Ich: mag gute Podcasts. Er: ist Host von „1 Thema, 2 Farben“.
Das Konzept klingt erst einmal schlüssig. Der Fraktionsvorsitzende der FDP lädt sich Gäste in sein Bundestagsbüro, die andere Positionen vertreten als er. Politiker anderer Parteien, Vertreter aus der Zivilgesellschaft oder Künstler. Dann wird diskutiert. Ein Thema soll aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Manchmal klappt das sogar.
Zweite Folge: Christian Lindner diskutiert mit Dietmar Bartsch. Ein Liberaler und ein Linker, über die Frage, ob wir einen Systemwechsel brauchen. Geil! Es gibt ausreichend Konsens für ein konstruktives Gespräch, genügend Reibung, um am Ball zu bleiben, und die beiden klingen wie alte Freunde. Das gefällt mir!
Obwohl Lindner noch einige andere interessante Talkpartner wie Luisa Neubauer oder Jens Spahn zu sich einlädt, entwickeln sich die Gespräche nur selten so gut wie mit Bartsch. Denn noch lieber als seinen Gästen hört Lindner sich selbst zu. Vorzugsweise beim Rezitieren vielsagender Worthülsen, die klingen, als ob er sie in irgendeinem Startup-Inkubator aus Berlin-Mitte aufgeschnappt hat. „Game-Changer“, „Road Map“, „Anpassungsflexibilität“.
Hören Sie auch bei uns mal rein: Die Podcasts der taz finden Sie unter taz.de/Podcast.
Oft lädt Lindner Menschen ein, die ohnehin seiner Meinung sind. Da fängt es an, witzig zu werden. Mit dem Porsche-Piloten Jan-Erik Slooten diskutiert Sportwagenfan Lindner über Autos und Rennsport. Fazit: Autos ohne Motorengeräusche sind Autos ohne Emotionen.
„1 Thema, 2 Farben“ erscheint etwa monatlich und kann bei den gängigen Podcatchern gestreamt werden.
Ein Schmanckerl der ersten Folge: Zu Gast ist der „Höhle der Löwen“-Investor Frank Thelen. Es geht um die Themen „Startups, Gründen und Erfolg“ Konsensquote: 100 Prozent. Weil sich die Stimmen der beiden ähneln, wirkt es, als würde Lindner sich selbst interviewen. Neuer Titelvorschlag: „1 Thema, 1 Farbe“, der Podcast von, mit und für Christian Lindner.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart