Podcast über Armut in Deutschland: Zwischen Leben und Überleben
Einer Wohnungslosen wird das Kind weggenommen, ein ehemals Inhaftierter findet keinen Job. „Über Leben“ erzählt eindringlich von Armut in Deutschland.
Deutschland zählt zu den reichsten Ländern der Welt, trotzdem sind 12 Millionen Menschen hier armutsgefährdet. Wera ist eine von ihnen. Die 24-Jährige wuchs in einem Heim auf, ihr Vater ist tot, zu ihrer Mutter hat sie keinen Kontakt. Wera ist hochschwanger, doch bevor sie in wenigen Tagen ihr Kind gebären wird, muss sie eine Unterkunft finden, sonst darf sie das Kind nicht behalten. Der Druck steigt zunehmend.
Auch Lirim aus Burscheid in NRW kennt das Gefühl von Getriebenheit. Es plagt den 33-jährigen Vater Tag und Nacht. Seit er und seine Frau vor einem Jahr Drillinge bekommen haben, leben sie zu siebt in einer 68-Quadratmeter-Wohnung. Sie brauchen dringend mehr Wohnraum. Er arbeitet nur, schläft kaum noch. Trotzdem reicht das Geld gerade für das Nötigste.
Es sind zwei der sechs Geschichten, um die es im Podcast „Über Leben“, eine Produktion von Studio Jot im Auftrag des WDR, geht. Im Reportagestil begleitet der Journalist Janis Gebhardt die Protagonist:innen ein Jahr lang durch ihren Alltag. Der ist von Geldsorgen, von Ausgrenzung und Stigmatisierung bestimmt.
Manchmal auch von Alkohol und anderen Drogen. „Je älter ich wurde, desto härter wurden die Drogen“, sagt Patrick, einer der Protagonisten. Es ist ein Teufelskreis, dessen Ursprung in der Chancenlosigkeit liegt. Diesen zu durchbrechen ist fast immer ein Kraftakt.
Armut ist nicht fair
Zwischen den emotionalen Erzählungen der Betroffenen gibt es Fakten zum Thema. So wird erklärt, dass für fast jede fünfte Person im Rentenalter das Geld kaum ausreicht oder dass 25 Prozent aller Familien mit drei oder mehr Kindern von Armut betroffen sind.
Der Podcast erzählt auf eindringliche und einfühlsame Weise von Sorgen und Wünschen der Betroffenen. Dabei zeigt er auf, dass zwischen Leben und reinem Überleben oft nur ein schmaler Grat liegt. Schnell wird klar: Armut ist nicht fair und sie kann viele treffen. Manchmal ist es nur ein ausländisch klingender Name, der einen Menschen zu diesem Schicksal verdammt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut