Plenardebatte im Abgeordnetenhaus: „Mehr als ein Fahrschein“
In einer teils sehr emotional geführten Diskussion deutet sich an: Ab 2025 könnte es das BVG-Sozialticket für 9 Euro nicht mehr geben.
Vor 14 Tagen hat Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) an selber Stelle im Plenarsaal nicht zusichern können, dass es das Sozialticket für Bus und Bahn auch 2025 noch für 9 Euro monatlich gibt. Für diesen Preis bekommt es aktuell, wer staatliche Leistungen bezieht, egal ob Wohngeld oder Bürgergeld – was auf mehr als 60.000 Berliner zutrifft. Bis Anfang 2023 kostete das Sozialticket deutlich mehr, nämlich 27,50 Euro. Die damalige rot-grün-rote Koalition setzte den neuen Preis durch, weil bereits die normale Monatskarte nur noch 29 Euro statt früher mindestens knapp 60 Euro kostete.
Als Reaktion auf Kiziltepes Nicht-Zusicherung beantragt die Linksfraktion nun, das Sozialticket für 9 Euro dauerhaft zu erhalten. An diesem „dauerhaft“ beißt sich der SPD-Abgeordneten Lars Düsterhöft fest: Wie solle das möglich sein, so etwas auf alle Zeiten festzuschreiben? Ihn erinnere das an die DDR, wo die Einzelfahrt über Jahrzehnte unverändert 20 Pfennig gekostet habe.
Was die Linken-Abgeordnete Schubert dazu bringt, zwischenzufragen, ob er das Ticket denn wenigstens für 2025 erhalten wolle. Das mag Düsterhöft dann eben auch nicht zusichern. Er und auch der CDU-Abgeordnete Björn Wohlert rechnen vielmehr vor, dass das bis 2016 sogar 36 Euro teure Sozialticket heute für ein Viertel davon zu haben sei, während sich der Teil des Bürgergelds, der für Mobilität vorgesehen sei, verdoppelt habe. Weder Grüne noch Linkspartei widersprechen dem. „Es kann nicht sein, dass alle berlinspezifischen Sozialleistungen auf Dauer Bestand haben“, so Düsterhöft. Das schließt an die schon in der vorigen Sitzung geführte Debatte über das Schulessen an, das genau wie der Kitabesuch für alle Kinder – ob aus reichen oder armen Familien – beitragsfrei ist.
Koalition muss über 3 Milliarden einsparen
Dass das Sozialticket für 9 Euro auf der Kippe steht, gehört zur Suche der schwarz-roten Koalition nach Kürzbarem im aktuellen Haushalt, in dem über 3 Milliarden Euro einzusparen sind. Bisherigen Versuchen in diese Richtung kann die Abgeordnete Schubert nichts abgewinnen. Sie habe sich ein Video angesehen, dass CDU-Fraktionschef Dirk Stettner dazu aufgenommen habe – „ich habe selten ein so dummes Zeug gehört.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel