Plagiatsvorwürfe in Rumänien: Ciucă hat abgekupfert

Plagiatsjägerin Emilia Şercan liefert neue Enthüllungen: Rumäniens Premier soll mehrere Passagen seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben.

Portrait von Nicolae Ciuca

Rumäniens Premier Nicolae Ciuca soll auf 138 Seiten 42 Mal plagiiert haben Foto: Dursun Aydemir/picture alliance

BERLIN taz | Der rumänische Ministerpräsident, Nicolae Ciucă, soll in seiner Dissertation ganze Passagen aus anderen Arbeiten abgekupfert haben. Zu dieser Schlussfolgerung kommt die rumänische Investigativjournalistin Emilia Şercan, die am Dienstag die Ergebnisse ihrer Recherchen in Bukarest veröffentlicht hat. In ihrer auf PressOne publizierten Analyse der 138 Seiten umfassenden Doktorarbeit hatte sie auf 42 Seiten plagiierte Textstellen entdeckt.

Ciucă hat Passagen nicht nur Wort für Wort aus anderen Werken übernommen, sondern auch Verschleierungstechniken genutzt. Auf weiteren 19 Seiten entdeckte die Plagiatsjägerin abgeschriebene Textstellen, die ohne Quellenangaben aus zwei Dissertationen übernommen worden waren, die aus der Feder von Doktoranden der gleichen Universität stammen. Eine dieser Dissertationen wurde 2001 von Professor Emil Cheţe, dem Doktorvater des seit November amtierenden Premiers, betreut.

Ciucă verteidigte seine Dissertation 2003 an der Bukarester Universität für Nationale Verteidigung Carol I (UNAP) und erwarb den Titel eines Doktors der Militärwissenschaften.

Der Premier bestritt auf Facebook jegliches Fehlverhalten. Er verteidigte seine unter dem hölzernen Titel „Dimension des Engagements der Armee Rumäniens in gemeinsamen, multinationalen Operationen“ vorgelegte Dissertation mit dem Hinweis, er habe seine Arbeit in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen verfasst. Gleichzeitig kündigte er an, die Vorwürfe prüfen zu lassen.

„Wer abschreibt, muss gehen“

Dan Barna, Parlamentsabgeordneter der Oppositionspartei Union Rettet Rumänien (USR), forderte Konsequenzen und erinnerte auf Facebook an die Worte des Staatspräsidenten Klaus Johannis bei vorherigen Plagiatsfällen: „Wer abschreibt, muss gehen“. Ein Rücktritt des Premiers von der Nationalliberalen Partei (PNL) ist jedoch unwahrscheinlich, da es sich um einen Vertrauten Johannis’ handelt. Nach dem Sturz der Vorgängerregierung durch einen Misstrauensantrag im Herbst hatte Johannis der Bildung einer Koalition aus PNL, Sozialdemokraten (PSD) und Ungarnverband (UDMR) zugestimmt, an deren Spitze sein Vertrauter Ciucă steht.

Dieser ist der zweite rumänische Regierungschef, der in eine Plagiatsaffäre verwickelt ist. Victor Ponta, der frühere Vorsitzende der Sozialdemokraten und von 2012 bis 2015 amtierender Ministerpräsident, hatte eine 307 Seiten umfassende Dissertation verfasst, in der auf 85 Seiten plagiierte Stellen entdeckt wurden. Ponta musste auf seinen Titel verzichten, den er wie Ciucă an der gleichen Universität erworben hatte.

Emilia Şercan hat zahlreiche Dissertationen von Politikern, Offizieren und Justizbeamten untersucht. Sie bestätigte 2016, dass es auch in der Arbeit der Juristin Laura Codruţa Kövesi, die seit Juni die Europäische Staatsanwaltschaft leitet, abgeschriebene Stellen gibt. Es folgten aber keine Konsequenzen. In Bukarest wird gemunkelt, Kövesi möchte bei den nächsten Wahlen für das Amt des Staatspräsidenten kandidieren.

Nachdem Şercan 2019 aufgedeckt hatte, dass ein großer Teil der von der rumänischen Polizeiakademie betreuten Doktorarbeiten abgeschrieben waren, erhielt sie Morddrohungen.

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