Pläne des Finanzministers: Kleine Reform der Schuldenbremse
Finanzminister Lindner plant für 2024 eine Teilreform der Schuldenbremse. Damit soll sich die Verschuldung an Konjunkturschwankungen anpasst lassen.
Die Berechnung der Konjunkturkomponente solle dem „aktuellen Stand der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung“ angepasst werden, erläuterte Lindner. Dies werde „die Schwankungsbreite verändern“. Über mehrere Jahre hinweg gesehen werde die mögliche Verschuldung dadurch aber nicht vergrößert: „Denn der größere Spielraum im Abschwung wird im Aufschwung wieder eingesammelt.“
Die Konjunkturkomponente besagt, dass in konjunkturell schlechten Zeiten die Aufnahme neuer Kredite grundsätzlich erlaubt ist, diese aber in besseren Zeiten zu begleichen sind. Dabei wird die Höhe der erlaubten Nettokreditaufnahme mit speziellen Formeln berechnet.
Für eine Anpassung der Konjunkturkomponente ist keine Grundgesetzänderung und damit keine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig. Weil für diese Reform lediglich die Ausführungsgesetze der Schuldenbremse geändert werden müssen, reicht die Mehrheit der Ampelkoalition.
Union wettert dagegen
SPD und Grüne begrüßten Lindners Überlegungen für eine kleine Reform der Schuldenbremse – auch wenn diese hinter ihren eigenen Forderungen nach einer grundlegenden Reform zurückbleiben. Kurzfristig gehe es darum, die Schuldenbremse den aktuellen Herausforderungen anzupassen, dafür sei Lindners Vorschlag ein Baustein, sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post dem „Tagesspiegel“. Diese kleine Reform müsse nun „sehr zeitnah umgesetzt werden“. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte dem Blatt: „Das Thema muss raus aus der Tabuzone.“
Die Union hingegen kritisierte Lindner scharf. „Im Wahlkampf tritt er als Mister Schuldenbremse auf, um sie dann selbst zu umgehen“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Anstatt wie versprochen Geld zu sparen und die Schuldenbremse einzuhalten, will er lieber die Berechnung der Schuldenbremse verändern.“ Dafür müssten „künftige Generationen zahlen“.
Der Bundestag hatte am Freitag die Schuldenbremse nachträglich für das Jahr 2023 und damit für das vierte Jahr in Folge ausgesetzt. Die Ampelkoalition begründete die Maßnahme mit den Folgen des Ukraine-Kriegs für die Energiemärkte und der Ahrtal-Flut. Das Aussetzen der Schuldenbremse ist aber eine direkte Folge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts vom November, das für 2023 einen Nachtragshaushalt notwendig machte.
Das Karlsruher Urteil zog wochenlange harte Verhandlungen in der Ampelkoalition über den Haushalt 2024 nach sich, für den eine Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro gefüllt werden musste. Die Koalition fand schließlich am Mittwoch einen Kompromiss, wonach die Lücke durch ein Bündel von Maßnahmen von Einsparungen über Abgabenerhöhungen bis hin zu Subventionsstreichungen geschlossen werden soll.
Die Schuldenbremse soll hingegen im kommenden Jahr möglichst wieder eingehalten werden. Allerdings schließt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine erneute Aussetzung nicht aus, sollte sich die militärische oder finanzielle Lage der Ukraine deutlich verschlechtern.
Die Schuldenbremse ist seit 2011 im Grundgesetz verankert. Sie verpflichtet Bund und Länder, ihre Haushalte „grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen“. Zulässig ist eine Aussetzung der Schuldenbremse jedoch „im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen“.
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