Pipeline von Kanada nach Texas: Obama wird Ölpipeline lästig
Sie sollte Öl aus kanadischen Teersanden nach Texas bringen. Jetzt verschiebt die US-Regierung die Entscheidung über die umstrittene Pipeline.
WASHINGTON taz | "Wir haben gewonnen", steht über der E-Mail, die Bill McKibben am Donnerstagnachmittag verschickt hat. Allerdings sei es kein kompletter Erfolg, schränkt der Klimaaktivist ein. Denn US-Präsident Barack Obama hat das umstrittene Ölpipelineprojekt von Kanada nach Texas erst mal nur auf die lange Bank geschoben.
Nur vier Tage nachdem mehr als zehntausend DemonstrantInnen das Weiße Haus aus Protest gegen die Pipeline umzingelten, hat Obama jetzt eine neue Umweltverträglichkeitsstudie bestellt. In der soll eine teilweise veränderte Route für die 7 Milliarden Dollar teure "Keystone XL"-Ölleitung geprüft werden, die das Wasserschutzgebiet Ogallala im Bundesstaat Nebraska verschonen würde. Die neue Studie wird frühestens Anfang 2013 vorliegen. Damit ist das heikle Thema aus der kritischen Wahlkampfzeit verdrängt.
Die wiedererwachte Ökobewegung der USA jubelt über ihren Erfolg. Sie hat seit Monaten Demonstrationen längs der gut 2.700 Kilometer langen geplanten Route der Pipeline organisiert. Mit jeder neuen Aktion wurde der Widerstand stärker. Am vergangenen Sonntag beteiligten sich neben Umweltorganisationen auch kirchliche Gruppen, Bauern aus dem Mittleren Westen und Menschen aus der Occupy-Bewegung. Sie skandierten: "Hey Obama, wir wollen kein Klimadrama" und erinnerten den Präsidenten an sein Wahlkampfversprechen, die "Tyrannei des Öls" zu beenden.
Die überwiegende Mehrheit der PipelinegegnerInnen sind WählerInnen der demokratischen Partei. Doch Obama befindet sich in der Pipelinefrage in einer Zwickmühle. Denn ein anderer Teil seiner Gefolgschaft - die großen Gewerkschaften - haben sich die Argumentation der Mineralölobby zu eigen gemacht. Die betont seit Monaten in einer aggressiven Werbekampagne, dass die Keystone XL mehr als 20.000 neue Jobs in den USA schaffen würde. Bei Fachleuten ist umstritten, wie realistisch diese Zahl ist.
Auf die Verschiebung der Entscheidung reagierten Mineralöllobby, gewerkschaftliche Sprecher und republikanische Spitze denn auch gleichermaßen scharf. Jack Gerard, Direktor des American Petroleum Institute, spricht von einem Zugeständnis an "radikale Wähler, die gegen jede Art von Öl- und Gasentwicklung sind". Terry OSullivan, Chef der Laborers International Union of North America, beklagt die "potenziell fatale" Verzögerung bei der Pipeline, die eine "Lebenslinie für Tausende von verzweifelten Arbeitern" sei.
Das kanadische Unternehmen, das die Pipeline bauen will, hatte in der Vergangenheit gedroht, im Falle eines "No" aus Washington sein Öl nach China zu verschiffen. Doch dazu wären kostspielige Pipelines von Alberta bis zur kanadischen Westküste nötig. Doch TransCanada-Chef Russ Girling gab sich jetzt zuversichtlich, dass es am Ende eine Genehmigung gibt: "Das Projekt ist zu wichtig für die kanadische und die US-Wirtschaft und das nationale Interesse der USA."
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