piwik no script img

Pilz vernichtet Bananen in KolumbienDie Angst vor TR4

In Bananenstauden hat der Fusariumpilz TR4 eine verheerende Wirkung. In Kolumbien hat er bereits die Bananenplantagen an der Karibikküste erreicht.

Mit Pilz befallene Bananen in Kolumbien Foto: Thomas Meyer/imago

Apartadó taz | Die Ankunftshalle des Flughafens von Apartadó im Westen Kolumbiens ist gepflastert mit Plakaten. Am Fließband, wo die Koffer ankommen, sind sie angebracht, am Ausgang und auf den Toiletten haben sie ihren Platz. „Entra limpio y salgo ­limpio“, lautet der Appell, was so viel heißt wie: „Sauber eintreten und sauber rausgehen.“ Jede Besucherin und jeder Besucher einer Bananenplantage soll darauf achten, dass sie oder er kein kontaminiertes Erdreich in die jeweilige Plantage einschleppt.

Andere Plakate erklären auf Englisch und Spanisch, worum es geht: die Weiterverbreitung des Bananenpilzes TR4, in Kolumbien Fusarium Raza 4 Tropical genannt, mit allen Mittel zu vermeiden. Dafür ziehen die Regierung, die Vereinigung der Bananenproduzenten Kolumbiens (Augura), das federführende Institut ICA (Kolumbianisches Institut für Landbau) und auch die Gewerkschaften an einem Strang.

Videos wurden produziert, die auf allen Kanälen laufen und verhindern sollen, dass kontaminierte Erde oder Sporen in die Bananenplantagen in der Region Urabá eingeschleppt werden. Diese Region ist die wichtigste Anbauregion Kolumbiens. Hier, zwischen Apartadó und Turbo, werden rund 85 Prozent der Exportbananen Kolumbiens im Wert von im Jahr 2019 rund 860 Millionen US-Dollar produziert.

Daran soll sich nichts ändern, und deshalb hat die Regierung in Bogotá im August letzten Jahres den nationalen Notstand für die Region ausgerufen und mit einem Maßnahmenpaket dafür gesorgt, dass auf den Plantagen in den Anbauregionen Alarmstufe Rot herrscht. Plantagenarbeiter, Lieferanten und Transport­unter­nehmen wurden geschult, um den Pilz, der im August auf zwei Plantagen nachgewiesen wurde, quasi unter Quarantäne zu stellen. Um die mittlerweile acht Plantagen, die allesamt in der Region La Guajira, eine Halbinsel ganz im Westen Kolumbiens an der Grenze zu Venezuela, liegen, wurde ein Sicherheitsstreifen eingerichtet, die Bananenstauden wurden mit Stumpf und Stil ausgerissen und die Flächen von rund 180 Hektar quasi stillgelegt.

Maßnahmen, um Zeit zu schinden, so Gabriel Jaime Elejalde, Director Regional de Augura in der Region Urabá. „Heute gibt es kein Produkt, welches diesen Pilz kontrollieren könnte“, sagt Elejalde, der genauso wie Augura-Präsident Emerson Aguirre darauf hinweist, dass der Pilz zwischen dreißig und fünfzig Jahren im Boden überleben kann.

Alternative Sorten gibt es nicht

Ein Fluch für die Bananenbauern und eine Herausforderung für die Wissenschaft, denn es ist die Sorte betroffen, die den Bananenexport dominiert: Cavendish. Rund 95 Prozent aller auf dem Weltmarkt gehandelten Bananen sind Produkt dieser Sorte, und alternative Sorten gibt es nicht, so Bananenexperten wie Gerd Kema von der niederländischen Agraruniversität Wageningen.

Das wissen auch die kolumbianischen Experten, die mit Kema und anderen Experten im stetigen Austausch stehen. Sieben bis acht Jahre wird es laut Gerd Kema dauern, bis sein Forschungsprogramm Fürchte trägt und eine neue Bananensorte gefunden ist, die gegen TR4 resistent ist und die Cavendish-Sorte ersetzen könnte.

Viel Zeit, die die kolumbianischen Experten hoffen mit einer Serie von Maßnahmen überbrücken zu können. Obligatorisch ist die Desinfektion von Arbeitsgerät, Arbeitsstiefeln oder Fahrzeugen, die auf die Plantagen gelangen und sie verlassen. „Sauber rein, sauber raus“, lautet deshalb die landesweit ausgegebene Parole gegen den Pilz.

Der sitzt in der Erde, dringt über die Wurzeln der Staude in die Pflanze ein, verstopft deren Nährstoffbahnen, sodass die Blätter welken und die Staude irgendwann einknickt und stirbt. Mit den phytosanitären Maßnahmen soll die Verbreitung des Pilzes unterbunden werden, was nur realistisch ist, wenn auf jeder noch so kleinen Plantage mitgezogen wird. Wie realistisch es ist, über Monate und Jahre die Maßnahmen beizubehalten, kann kaum jemand einschätzen, so Adela Torres von der Agrargewerkschaft Sintrainagro in Aparatadó.

Die Gewerkschaft, der rund ein Drittel der 60.000 Plantatagenarbeiter angehören, ist Teil des nationalen Bündnisses gegen die Weiterverbreitung von TR4. „Wir kämpfen für die Familien, deren Existenz an der Banane hängt“, sagt die Gewerkschafterin. Das sind laut dem Agrarministerium in Bogotá bis zu 50 Millionen Familien, denn die Banane ist mehr als ein Exportprodukt – sie ist auch Grundnahrungsmittel in Kolumbien als Koch- und als Fruchtbanane.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • HAFERFLOCKEN FUSARIUM



    Diese beiden Worte in google klären uns auf, welche Pilzgifte in den letzten zwei Jahren zu zahlreichen Vergiftungen durch gewöhnliche Haferflocken führten, dazu Ernteausfällen. Ich selbst hatte mich stark und zweifelsfrei an gewöhnlichen Haferflocken vergiftet. Diese Art der Vergiftung von zwei großen Produzenten ging auch durch die Presse. Vor der Bekanntmachung wandte ich mich an das Krefelder Gesundheitsamt. Man wimmelte ab. Es gibt verschiedene Unterarten dieser Fusarien.

  • Zitat:"La Guajira, eine Halbinsel ganz im Westen Kolumbiens an der Grenze zu Venezuela, liegen"

    Dickes sorri fürs klugscheißen...aber Venezuela und Guajira liegen im Osten Kolumbiens...just sayin

  • Der Pilz ist seit vielen Jahren in Aktion, weltweit. Ausserdem sind Schädlingsbefall und anschliessende Totalausfälle bei Monokulturen gang und gäbe.

    Weshalb dann jetzt herumgejammert wird, dass es viele Jahre dauern wird, bis eine neue Sorte gefunden ist, erschliesst sich mir nicht.