Philippinens Diktatorenwitwe Marcos: Party nach Urteil über 77 Jahre Haft
Mit ihrem Mann plünderte sie die Philippinen aus, ließ Oppositionelle töten. Nun wurde die Diktatorenwitwe verurteilt – und reagierte ungewöhnlich.
Das klingt entweder dumm oder dreist, doch Imelda Marcos hat ihr Leben dem schönen Schein verschrieben. Denn so begann ja die Karriere des Aschenputtels aus der Provinz Leyte, das das Herz ihres Prinzen Ferdinand als Siegerin eines Schönheitswettbewerbs gewann. Der Spross einer verarmten Familie perfektionierte als Gattin des philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos die Rolle der „Beauty“, ihr Mann gab indessen das Biest.
Die beiden waren ein infames Paar, das die Philippinen von 1965 bis 1986 nach Gutdünken beherrschte, finanziell ausplünderte, Oppositionelle foltern und ermorden ließ. Und während die Armut im Land wuchs, brachte Imelda auf Shoppingtouren in Europa oder den USA mal locker eine Million Dollar am Tag rum.
Das Ausland staunte über diese glamouröse, durchaus charmante First Lady der Philippinen, die bei heiklen Missionen den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro ebenso mit ihren Geschichtchen erheiterte wie Libyens Putschisten Muammar al-Gadaffi. Sie sah auch keinen Widerspruch darin, auf Stöckelschuhen und mit teuren Juwelen geschmückt, durch Manilas Slums zu laufen.
Schuhe als Symbol
Imeldas Stern sank erst, als die friedliche People-Power-Revolution die beiden Marcos aus dem Lande trieben.
Die angeblich 3.000 Paar Schuhe, die Imelda auf der Flucht ins hawaiianische Exil nicht mitnehmen konnte, haben weltweit als Symbol ihrer Verschwendungssucht und ihrer zynischen Selbstverliebtheit Schlagzeilen gemacht. Ebenso wie die bis zu 10 Milliarden US-Dollar, die das Ehepaar Marcos auf Konten unter anderem in der Schweiz gebunkert haben soll.
Aber Imelda wäre eben nicht Imelda, wenn sie nicht ruhelos an ihrem Comeback gearbeitet hätte. Nach dem Tod ihres Mannes durfte die Diktatorenwitwe zurückkehren, ihr Ferdinand reiste tiefgefroren mit in die Heimat und lag bis 2017 in einem Glassarkophag, vor dem sich Imelda tränenüberströmt ablichten ließ.
Da es zur Natur der Philippiner gehört, zu vergeben, sitzt Imelda seit Jahren als Abgeordnete im Kongress und hält in den Salons der Reichen und Mächtigen Hof wie eh und je. Zwar erstritt sich der Staat inzwischen die Rückzahlung etlicher Millionen, doch zu Gefängnis ist Imelda nun erstmalig verurteilt worden. Am Dienstag wurde nun der zuvor nur mündlich ausgesprochene offizielle Haftbefehl erlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten