Pharmafirma sponsert Jourmalistenpreis: Versteckte Werbekampagnen
Es muss nicht immer eine bezahlte Annonce sein, auch von der Pharmaindustrie gesponserte Journalistenpreise sorgen für eine Produktnachfrage.
Der Deutsche Psoriasis Bund (DPB) will sich für Menschen mit Schuppenflechte "erfolgreich" einsetzen. Über 7.000 Mitglieder zählt der Verband; er legt Wert darauf, seine Kontakte zur Industrie offenzulegen. In Kooperation mit dem Pharmaunternehmen Merck Serono vergab der DPB 2007 erstmals einen Journalistenpreis - ein Vorgehen, das Teile der Selbsthilfeszene kritisch sehen.
Erste DPB-Preisträgerin ist Annika Graf von der Deutschen- Presse-Agentur (dpa). Mit 3.000 Euro prämiert wurde ihr Text "Salz und Sonne: Die 'eine' Therapie gibt es bei Schuppenflechte nicht", den 2007 mehrere Zeitschriften druckten. Eine "starke Signalwirkung" habe der Artikel gehabt und "informativ" und "motivierend" über Schuppenflechte berichtet, befand die Jury aus drei Hautspezialisten und einer Journalistin.
Ganz anders bewertet dies Rolf Blaga von der Psoriasis Selbsthilfe Arbeitsgemeinschaft (PSOAG), die bewusst Wert auf Distanz zu Arzneiherstellern legt. Er hält den DPB-Journalistenpreis für eine "leicht durchschaubare PR-Aktion". Der ausgezeichnete Artikel sei "in engster Zusammenarbeit mit einem der Preisverleiher entstanden". Und: "Alle zitierten Ärzte arbeiten eng mit dem DPB zusammen."
Für Blagas Thesen gibt es diverse Indizien. Die einzige Psoriasis-Patientin, die dpa-Redakteurin Graf zu Wort kommen lässt, ist eine DPB-Vorständlerin, deren Erfahrungen sie so beschreibt und zitiert: "Franziska Bieber merkte irgendwann, dass ihre Knie und Finger steif wurden. 'Da haben Biologics wirklich geholfen'." Biologics, erläutert der Artikel, "sind körpernahe Eiweiße, die die entzündliche Reaktion in der Haut bei Psoriasis durchbrechen". Diese Arzneien hätten vor einigen Jahren "ganz neue Hoffnungen" gebracht.
Einer der Biologic-Produzenten ist Merck Serono. Firmen nennt Graf in ihrem Bericht nicht. Sie erwähnt aber, dass vier Biologics verfügbar seien. "Die teuren Spritzen dürfen allerdings erst verschrieben werden, wenn konventionelle Mittel nicht mehr wirken", zitiert Graf den Professor Ulrich Mrowietz vom Psoriasis-Zentrum des Uniklinikums Kiel. Mrowietz ist in Fachkreisen bekannt: Im Auftrag verschiedener Arzneihersteller hat er klinische Studien durchgeführt; auch gehört er zur Jury des für Wissenschaftler ausgelobten "Serono Dermatologie Forschungspreises".
Zudem sitzt Mrowietz im Wissenschaftlichen Beirat des DPB. Dort gibt es weitere Experten, die Geld von Pharmafirmen kassiert haben, etwa für Vorträge und Beratungstätigkeiten, namentlich die Professoren Wolf-Henning Boehncke und Kristian Reich. Außerdem Privatdozent Thomas Rosenbach, der auch Mitglied des DPB-Vorstands ist und an klinischen Studien, unter anderem von Serono bezahlt, beteiligt war. "Unterstützung von Firmen zur Suche von Probanden für Forschungsvorhaben" zählt der DPB ausdrücklich zu seinen "Aktivitäten"; zum "Förderkreis" des DPB gehören elf Pharma- und Medizintechnikhersteller.
2006 nahm der Selbsthilfeverband rund 650.000 Euro ein und erzielte dabei einen Überschuss von mehr als 33.000 Euro. "Das positive Ergebnis", resümiert der DPB-Vorstand, "ist Folge wirtschaftlichen Handelns und der Förderung durch Firmen sowie einer eher konstruktiven Haltung bei den Ausgaben." Allein für Anzeigen, publiziert in der Mitgliederzeitschrift PSO Magazin, habe man 2006 über 121.000 Euro berechnet. Einen Grund zur Klage hat der DPB-Vorstand aber: "Der Rückgang an Mitgliedsbeiträgen bleibt ein deutliches Problem."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!