Pferdehandel: Keine Pferde-Pension
Ein Paar aus Heide in Dithmarschen muss sich wegen betrügerischen Handels mit Beistellpferden vor Gericht verantworten.
Sabine D. und Lebensgefährte Frank M. fühlen sich als Opfer einer medialen Vorverurteilung. Beide beteuern ihre Unschuld. Dennoch rät ihnen ihr Anwalt, heute zunächst zu schweigen, wenn vor dem Meldorfer Amtsgericht ihr Prozess wegen Betruges beginnt. Zu dem emotional behafteten Verfahren wird ein Presserummel erwartet, wie ihn die Stadt in Dithmarschen noch nicht erlebt hat. Den beiden 40-Jährigen wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, elf Beistellpferde heimlich Gewinn bringend verkauft zu haben. "Die Pferde waren in unser Eigentum übergegangen", verteidigt sich Sabine D. "Aber das will ja niemand wissen."
Die Rasse-Pferde hatten klangvolle Namen wie "Gaudi", "Goldi, "Dexter" oder "Romanze" und kamen aus dem gesamten norddeutschen Raum. Über Annoncen sollen D. und M. zwischen 2007 und 2008 angeboten haben, die kranken oder alten Vierbeiner als so genannte Beistellpferde auf ihrer Süderholmer Koppel bei Heide-Ostrohe zu verwahren, damit ihr eigenes Pferd Gesellschaft hat. "In der Folgezeit soll die Angeklagte die Pferde zum Teil gewinnbringend weiterveräußert haben - zum Teil ist der Verbleib der Pferde ungeklärt", sagt Lysann Mardorf, Sprecherin des Landgerichtsbezirk Itzehoe. So auch die Quarterhorse-Stute "Shokey" und der Quaterhorse-Fuchs "Macho", die einer Pferdeliebhaberin aus Weyhe bei Bremen gehört haben. "Ich bin enttäuscht, wütend und ohnmächtig", sagte sie der Dithmarscher Landeszeitung. Der Fall sorgte 2009 für großes mediales Interesse, D. und M. wurden in der Berichterstattung als Täter dargestellt.
"Als wir in die Gegenoffensive gegangen sind, sind wir zerrissen worden", sagt Sabine M. zur taz. "Denn wenn wir das gewerbsmäßig gemacht hätten, wären die Abstände nicht so lang gewesen und wir hätten viel mehr Pferde bekommen können", beteuert D. "Die Besitzer haben die Pferde nicht zu uns in Pension gegeben, sondern wollten sie loswerden, weil sie ein neues Pferd hatten." Die Tiere seien ihr Eigentum gewesen, bekräftigt D. Sie habe für alle eine Eigentumsurkunde bekommen, die von den Pferdeverbänden ausgestellt werden und hätte für die Tiere Pferdepässe gehabt. "Die meisten Tiere haben wir verschenkt, wenn wir wussten, dass sie es woanders gut haben", sagt D. "Wir hatten uns einfach übernommen."
Ältere und kranke Pferde kommen als Beistellpferde in Betracht, um dem einsamen Gaul auf der Koppel Gesellschaft zu leisten.
Mit anderen Pferden auf der Weide bekommt der Zosse dadurch die Chance auf ein zufriedenes Rentnerdasein.
Menschen kann er noch glücklich machen, auch wenn nur noch gemütliche Ausritte möglich sind.
Frank M. wird zudem vorgeworfen, per Annonce den Wallach "Gaudi" als "top gesund" zum Preis von 2.650 Euro zu Kauf angeboten zu haben, obwohl klar war, dass das Pferd lahmt. "Das war ein Kommissionspferd", sagt D., das M. für eine Pferdehändlerin aus Berlin verkaufen sollte. Dass das Pferd eine Knochenentzündung gehabt hatte, sei nicht zu erkennen gewesen, sagt D.
Zum Prozess, zu dem sich Medien aus dem ganzen Norden angekündigt haben, sind 17 Zeugen geladen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist