piwik no script img

Pferdefleisch-SkandalAuch Vegetarier sind nicht sicher

Das Pferdefleisch-Debakel legt Mängel in der Lebensmittelkontrolle offen - mit Folgen für alle. Die taz gibt Antworten auch für Fleischvermeider.

Wenn die Kontrollen versagen, haben nicht nur Fleischesser das Nachsehen. Bild: reuters

Pferdefleisch ist doch nicht gesundheitsschädlich, denken viele Verbraucher. Also weshalb die ganze Aufregung?

Die meisten Deutschen finden es eklig, Pferdefleisch zu essen. Unabhängig davon wurden sie betrogen, weil sie nicht das bekommen haben, wofür sie bezahlt haben und was auf der Verpackung ausgewiesen war. Und das in offenbar Millionen Fällen.

Legt der Fall grundsätzliche Probleme der Kontrolle unserer Lebensmittel offen?

Ja, denn er zeigt, wie schlecht das Kontrollsystem für Lebensmittel in der Europäischen Union zuweilen funktioniert. Mindestens sechs Monate lang konnten Betrüger Hunderte Tonnen Pferdefleisch als Rindfleisch verkaufen, ohne dass etwa die Handelskonzerne oder Behörden etwas gemerkt haben. Deutschland und Frankreich beispielsweise waren völlig ahnungslos, bis die irischen Behörden einen Fleischtest durchführten.

Welche Gefahren könnten wegen der Lücken bei den Lebensmittelkontrollen entstehen?

Es kommt immer wieder vor, dass gesundheitlich schädliche Stoffe im Essen landen. Zum Beispiel das krebserregende Dioxin oder Träger von Noroviren. Erinnert sei nur an die Ehec-Epidemie im Sommer 2011: Verseuchte Sprossen, die aus Ägypten auf den europäischen Markt kamen, kosteten den Behörden zufolge allein in Deutschland rund 50 Menschen das Leben.

Aber es geht doch nur um Billigprodukte und Fertiggerichte, die ich eh nicht kaufe. Warum sollte mich das interessieren?

Aus sozialen Gründen. Oft greifen Arme und wenig Gebildete etwa zu den Billig-Lasagnen der Supermärkte. Warum sollten sie weniger recht haben, das zu essen, was sie wollen und wofür sie bezahlen?

Ich bin Vegetarier. Da kann mir dieser neue Skandal aus der Fleischbranche doch völlig wurst sein, oder?

Nein. Das grundsätzliche Versagen der Lebensmittelkontrollen, das dieser Skandal offengelegt hat, kann auch Vegetarier betreffen. Denn ebenso können pflanzliche Nahrungsmittel gesundheitsschädlich sein. In den USA starben kürzlich Menschen wegen verseuchter Melonen. In Europa ist vor allem die Ehec-Epidemie zu nennen.

Geht es bei dem Pferdefleisch-Skandal nicht auch um Machtfragen?

Ja, es geht auch um das Image und den Einfluss der Ernährungsindustrie. Sie ist mit rund 551.000 Beschäftigten der viertgrößte Industriezweig in Deutschland. Entsprechend stark ist ihre Lobby besonders im Bundesverbraucherschutzministerium und bei Parteien wie CDU und FDP. Die Opposition und Verbraucherschützer nutzen den aktuellen Skandal, um gegen diese Lobbymacht Forderungen wie die Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Fleischprodukte durchzusetzen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • G
    Gero

    zur Frage von "Schweineborsten"

    Ja, Veganer, sind die besseren Menschen, was Tiere

    Umwelt, Ethik, Moral, Welthunger und Gesundheit angeht.

    Reicht das?

    Werden Sie doch einfach Veganer, dann kriegen

    Sie die Vorteile auch mit!

  • G
    Gero

    sicher waren Sie noch nie:

     

    ... vor dummen Sprüchen von Fleischkonsumenten und unterbelichteten Presseartikel.

    Sicher sind Sie sich auch nicht, ob es nicht besser Veganer zu werden. Eigentlich trägt dieser Artikel dazu bei, wenn man ihn richtig liest.

  • S
    Schweineborsten

    in Brötchen (Carageen, früher aus Menschenhaar), Knorpel in Schokolade (Gelatine), Rinder-(hoffentlich) Knochen in vegetarischer Brühe, Genfutter für Tier und Mensch, alles "legal" ohne Kennzeichnung.

    Die fehlende tatsächliche Kennzeichnungspflicht und der Schutz für ertappte Firmen (Die Untersuchungsämter dürfen die Namen nicht veröffentlichen), die nachträgliche heimliche Aufweichung der EU-Öko-Label-Kriterien, Massentierhaltung ohne Würde für die Tiere. massenhafter Medikamenteneinsatz und "wirtschaftsfreundliche" Kontrollmuster, die Liste ist noch lange nicht zuende.

     

    Jeder einzelne Punkt müsste in einer Demokratie reichen, die Verbraucherschutzministerin ohne Altersbezüge in die Wüste zu schicken (wobei die davor genauso gepfuscht haben).

    Bio-Fleisch ohne massive Konsumreduktion ist ebenfalls kein Auswewg, ob Veganer aber per se die besseren Menschen sind, wage ich ebenfalls zu bezweifeln.

  • I
    IRosy

    Solange Betriebe vorher wissen wann der Kontrolleur kommt,ändert sich gar nichts.

  • V
    Vegisto

    Das Pferdefleisch-Debakel ist mir als Vegetarier im wahrsten Sinne des Wortes Wurst. Der geneigte Kadaver..esser tut hier vielleicht auch Gutes: Recycling lebt vom Mitmachen oder heisst es Mitessen? Was mir als Vegetarier nicht Wurst ist: Privatisiertes Trinkwasser, Fracking, Spekulation auf Nahrungsmittel, unzureichend gekennzeichnete Lebensmittel (nicht Herkunftsland, sondern Verpackungsort), EEG-Vergütungs-Diskussion (hat eigentlich mal jemand berechnet, was die Subventionen an die Atommafia als Umlage auf die Kilowattstunde Storm kosten würden, wenn diese nicht aus Steuern finanziert werden würden?) - wird fortgesetzt... Pferdefleisch ist mir Wurst! Vegisto empfiehlt mal eine Tofuwurst (Favorit: Rostbräterle mit Allem!, grantiert Pferdefleischfrei) in Freiburg auf dem Wochenmarkt zu essen. Guten Appetit.

  • E
    eva

    "Vegetarier sind auch nicht sicher" - aber natürlich sind wir davor sicher, falsch deklariertes Fleisch zu essen, Gammelfleisch oder Antibiotika im Tierfleisch!

    Was soll also diese tendenziöse irrelführende Überschrift? Hat irgend jemand behauptet, wir Vegetarier seien unsterblich, könnten nicht unters Auto kommen oder überleben jedes Gift? Nein? Also!

    Fest steht: Wir sind sicher vor Gammelfleisch, falsch deklariertem Fleisch, vor Antibiotika aus der Tiermast und Medikamentenrückständen und Schwermetallen in Fisch. Von den positiven Wirkungen auf Herz, Kreislauf und Durchblutung, die eine vegetarische oder vegane Lebensweise hat, ganz abgesehen.

    Fest steht offenbar auch mal wieder, dass Fleichessen dumm macht. Anders kann ich mir das Zustandekommen einer solchen Überschrift nicht erklären.

    Vegetarier sind auch nicht sicher -? Nein, wir sind tatsächlich auch sterblich. Aber sicherer, gesünder und fitter sind wir allemal. Neidisch?

    Der Weg zur Nachahmung steht jedem offen.

    Zum besten des Menschen, der Mitmenschen, der Tiere und des Planeten.

    GANZ sicher.

  • A
    Anonym

    Wen streicheln - wen essen?

    (Aktion der Albert Schweitzer Stiftung www.facebook.com/media/set/?set=a.10151471887180491.537378.121097790490&type=3)

    Wenn jetzt noch Hunde-und Katzenfleisch gefunden wird ...steigt vielleicht die Anzahl der Vegetarier drastisch an.

    Ansonsten denk ich, wenn schon Fleisch, dann doch lieber Pferdefleisch als Schwein aus Massentierhaltung. Ein guter Artikel dazu www.wdr5.de/sendungen/politikum/s/d/13.02.2013-19.05/b/aufreger-pferdefleisch.html

  • HH
    Hotte Hü

    Unglaublich wie hier bei der TAZ ein Pro-Fleischkurs gesteuert wird.

     

    EHEC ist von der Pharmaindustrie erfunden worden und die ultrachemieverseuchten USA-Melonen sind für euch die einzige Grundlage um das vegetarische, vegane Essen wieder lächerlich zu machen oder als genau so schlecht einzuordnen als das chemieverseuchte Fleisch.

     

    Veganes Essen ist gesünder, alles andere ist Biofleisch-Lobbyismus, Verdrängung und Lüge.

    Wo bleibt der unsinnige Flächenverbrauch den die Fleischesser zu verursachen haben:

     

    Auf der Fläche eines Grundstückes, das benötigt wird, um ein Kilo Fleisch zu erzeugen, könnte man im selben Zeitraum 200 kg Tomaten oder 160 kg Kartoffeln ernten.

    Es werden rund 67% der landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Tierhaltung und den Futtermittelanbau verwendet.

    Zur Erzeugung von 1 kg Getreide braucht es ca. 100 Liter Wasser, um 1 kg Fleisch zu erzeugen, braucht es 2.000 bis 15.000 Liter Wasser.

     

    "Der tägliche Flächenverbrauch in Deutschland liegt mit leicht abnehmender Tendenz derzeit bei etwa 100 Hektar pro Tag (2010). Das heißt: Jede Sekunde zwölf Quadratmeter, jeden Tag 100 Fußballplätze, jedes Jahr ein Gebiet so groß wie zwei Drittel der Fläche des Bodensees: Das ist die Fläche, die in Deutschland zugebaut, betoniert oder geteert wird."

    http://www.bund-bawue.de/themen_projekte/flaechenschutz/

     

    TV und Printmedien sind von Lobbyisten verseucht. Die Bio-Aktien explodieren. Hoch lebe der Pferdefleischskandal.

    http://www.trendlink.com/aktien/Biolebensmittel

    Die Lobbyisten schütten uns zu mit Fleischskandalen und saufen Öko-Champagner...

     

    Schöne neue Welt.

    Bio-Fleisch ist billiger als Bio-Gemüse.

  • Y
    yepp

    @Phil Eff

     

    ja dann bleib doch bei deinem rappen-burger, schimmel-lasagne und gammel-doener

    :p

  • E
    emil

    @Phil Eff

     

    billigprodukte und fertiggerichte sind nicht von bio-produkten abzugrenzen.

    das bio siegel lässt sich sicher auf den einen, wie auf den anderen finden.

     

     

    ein premiumprodukt konventionell oder biologisch ist kein garant für eine bessere qualität.

    es geht weniger um die suggerierte qualität, als um die tatsächliche qualität. und dafür müssen sie nicht arm oder dumm sein, sondern kritisch.

     

    nehmen sie frico käse. da sind mehr zusatzstoffe und farbstoffe drin, als irgendwoanders. die marke wird sogar im tv beworben und lockt dort käseliebhaberInnen. wer die packung jedoch nur einmal umgedreht hat, sollte sich diesen käse sparen.

    das ist der schritt. augen auf.

  • E
    Epidemie

    Eine Norovirus Epidedmie Anfang September 2012 bis ende Januar 2013 war in einigen Bundesländern vorhanden.

    Erst im Osten, zog der Norovirus in den Westen, das RKI müsste mehr wissen.

    Zig Tausende betroffen, Schüler blieben zu Hause.

    http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/epidemie-von-magen-darm-erkrankungen-in-ostdeutschland-norovirus-in-proben-nachgewiesen-1.1482468

    Wer glaubt das vegetarische Produkte keine tierischen Bestandteile hat, sollte weiter träumen.

  • JK
    Jörg Krauss

    Ich sage nur, wieder zurück zur rein regionalen Lebensmittelproduktion, dann kann ich dem verursachenden Produzenten konkret eins auf die Mütze hauen. Dazu benötige ich keinen EU-Popanz, der alles verteuert und verschleiert.

  • F
    Fleischdissident

    Pfui, Taz, mal wieder reißerische Überschrift und dann wieder schlechte Argumente.

     

    Als Vegetarier würds mich wohl kaum sehr schockieren, wenn im meinem Brot statt Vollkornmehl "nur" Roggenmehl drin wäre.

     

    Dieser unlautere Wettbewerb auf dem Fleischmarkt ist letztendlich doch auch nur enstanden durch das Verlangen nach immer billigerem Fleisch, gekauft durch systematische Tiermisshandlung.

     

    Der Skandal ist selbstverschuldet.

  • HB
    heiner babel

    Selbst wenn es uns nicht gefällt: das Problem sind immer wir Menschen selbst in der Masse, unsere Zivilisation - oder das, war wir selbstbewusst darunter verstehen wollen. Sie platzt aus den Nähten und kann wahrscheinlich gar nicht so auf Nachhaltigkeit hin umgebaut werden, dass unsere reflexiv gewordenen, ethischen Ansprüche uns jemals noch los lassen werden. Da hat es der bekennende Kapitalismus einfacher: Nach mir die Sinnflut - soll Marx zufolge das wichtigste Erkennungsmerkmal jedes Kapitalisten sein. Dabei hat sich unsere Gesellschschaft jetzt schon in vielen Bereichen auf rigide Regeln für den Menschenpark geeinigt, das wird noch mehr werden: Autos einschränken, 1 x Fleisch pro Woche reicht, kein Wochenend Shoppen in NewYork. Das Schöne ist: es wird nicht anders gehen.

  • U
    Ulli

    "Die meisten Deutschen finden es eklig, Pferdefleisch zu essen. "

     

    Behauptet wer?

  • PE
    Phil Eff

    "Aber es geht doch nur um Billigprodukte und Fertiggerichte, die ich eh nicht kaufe. Warum sollte mich das interessieren?

     

    Aus sozialen Gründen. Oft greifen Arme und wenig Gebildete etwa zu den Billig-Lasagnen der Supermärkte. Warum sollten sie weniger recht haben, das zu essen, was sie wollen und wofür sie bezahlen?"

     

    muss ich entweder arm oder dumm sein, um bewusst "billigprodukte" zu kaufen? durch wie viele skandale sind angeblich höherwertige bio-produkte aufgefallen?

  • W
    WilderWusel

    Vor einigen Jahren arbeitete ich in einem Reformhaus und wunderte mich, daß Packungen von Müsli, Reis oder ähnlichem ins Gefrierfach geräumt wurden. Dies meist dann, wenn der Kontrolleur da war, der ein Parteigenosse der Eigentümerin des Reformhauses war. Auf meine Nachfrage bei meiner Arbeitgeberin, warum das Zeugs ins Gefrierfach musste bekam ich natürlich keine befriedigende Antwort. Also fand ich selbst raus, dass die Motten in dem Zeugs waren. Damit konfrontiert, erklärte mir meine Arbeitgeberin, dass gefrorene Motten nicht zu sehen sind......erst, wenn sie auftauen. Und dass der Käufer ja nicht wisse, ob er sich die Biester zuhause eingefangen habe. So schlimm seien ein paar Motten nun auch wieder nicht. Kann man sehen, wie man will;soweit ich weiss, kann man davon gesundheitliche Schäden im Magen/Darmbereich bekommen. Soviel zu den Mängeln bei der Lebensmittelkontrolle. Saustall!

  • H
    Hoffmann

    EHEC wurde durch Gülle verursacht. Es ist also eine Folge der Massentierhaltung.