Pfefferspray-Einsatz am 1. Mai in Kreuzberg: Polizisten verletzen Zivilbeamte
Bei dem umstrittenen Pfeffersprayeinsatz der Polizei am 1. Mai sind offenbar auch acht Polizisten verletzt worden. Zwei Zivilbeamte erstatten Anzeige gegen ihre Kollegen.
BERLIN taz | Der heftige Einsatz von Pfefferspray am 1. Mai durch die Polizei bekommt ein überraschendes Nachspiel. Denn unter den zahlrechen Menschen, die durch das Reizgas verletzt worden sind, haben sich offenbar auch acht Polizeibeamte befunden.
Wie die Polizei am Dienstagabend mitteilte, haben zwei Beamte Strafanzeige wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt gegen Angehörige einer Einsatzhundertschaft erstattet. Das Verfahren werde nun durch die zuständige Fachdienststelle des Landeskriminalamtes mit Priorität bearbeitet.
Wie die taz berichtet hatte, waren am Sonntagabend ab etwa 22 Uhr immer wieder Trupps von rund 20 Polizisten im Zickzack durch die bis dahin friedliche Menschenmenge am Kottbusser Tor gezogen. Sie hatten dabei wahllos Umstehende mit Fäusten traktiert und immer wieder Pfefferspray eingesetzt.
Nahezu im Minutentakt waren teils unter Schock stehende Verletzte zu einem improvisierten Erste-Hilfe-Posten gebracht worden. Die Sanitäter dort hatten berichtet, dass sie weit über hundert Menschen helfen mussten.
Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte den Einsatz noch am Montag verteidigt. Das Reizspray sei nur nach gezielten Angriffen auf Beamte eingesetzt worden, so Glietsch. Grundloses Besprühen würde den Tatbestand der Körperverletzung im Amt erfüllen. Ihm seien aber keine Strafanzeigen von Betroffenen bekannt.
Nun bestätigen die Aussagen der beiden verletzten Polizisten den von der taz geschilderten Hergang. Laut Polizei waren die beiden Beamten, die nun Anzeige erstattet haben, am 1. Mai gegen 22.45 Uhr "in bürgerlicher Kleidung" am Kottbusser Tor eingesetzt. Dort seien sie nach derzeitigem Erkenntnisstand plötzlich von Pfefferspray getroffen und zudem durch Faustschläge im Gesicht verletzt worden. Die beiden Polizisten hätten anschließend aufgrund von Augenreizungen und Prellungen vom Dienst abtreten müssen. Zudem sollen nach Polizeiangaben "in diesem Zusammenhang weitere sechs Beamte durch Reizgaseinwirkungen verletzt worden sein".
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