: Pfeffersäcke statt Krieger
Betr.: „Religion – raus aus der Schule“ und Leserbriefe
Wenn Herr Hoffmann behauptet, „die Bremische Verfassung“ komme „dem Anspruch Staat und Kirche zu trennen, sehr nahe“ und das auf den bremischen Religionsunterricht bezieht, dann irrt er. Das Gegenteil ist richtig. Der „Staat“, der in Bremen bis 1929 sozusagen mit der Kirche identisch war, hat sich danach nur unvolkommen von seiner episcopalen Stellung getrennt. Beweis:
1) Es gibt nach wie vor einen „Senator für kirchliche Angelegenheiten.“ Dagegen haben die Kirchen in Praxi nichts, obwohl er ein Relikt der senatorischen Oberhoheit über die Kirche ist.
2) Der Staat bestimmt – einzig und allein in Bremen – was Sache im „Religionsunterricht ist. Denn der „Biblische Geschichtsunterricht auf allgemein-christlicher Grundlage“ wurde von den Verfassungsvätern und -müttern eben nicht als „Religionskunde“ konzipiert, wie Hoffmann meint. Fazit: In Bremen herrschen noch Zustände wie zu Duodezfürsten Zeiten – „cujus regio, ejus religio“ – . Nirgendwo sonst bestimmt der Staat nämlich noch allein die Inhalte des Religionsunterrichts.
Die Behauptung, in Bremen habe es „über 1000 Jahre Religionskriege“ gegeben, wird auch durch Wiederholung nicht richtiger. Der Erzbischof war zum „Kriegen“ viel zu schwach und zu pleite und der Rat hielt sich pfeffersäckisch aus dem Dreißigjährigen Krieg heraus. Er mehrte lieber sein Kapital.
Im übrigen ist das mit den „Religionskriegen“ so eine Sache. Der Dreißigjährige Krieg war bestimmt keiner. Hier fetzten sich die damaligen Großmächte, wer in Mitteleuropa das Sagen hatte. Der Streit zwischen Katholiken und Protestanten war – wenn es hoch kam – der Auslöser. Hätte sonst das kath. Frankreich mit dem ev. Schweden paktieren können?
Keine Bange, es denkt niemand daran, den Hoffmannschen „Frieden“ zu stören. Als Atheist hat er unter Umständen nur nicht mitgekriegt, dass die Zeiten der „verbalen Religionskriege“– zumindest in Bremen – längst vorbei sind.
Mit äußerst friedliebenden Grüßen
Wilhelm Tacke
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