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PfadfinderAllzeit bereit, immer bereit!

Vor 100 Jahren rief ein Brite die Pfadfinder ins Leben. Die deutsche Jugendbewegung war schneller - und entwickelte eine ganz eigene Dynamik.

Mit Kreditkarten muss hier keiner kommen: Pfadfinderlager Bild: dpa

"Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein", nölte Tocotronic-Sänger Dirk von Lotzow vor Jahren. Tatsächlich? Die hippen Jungs aus Hamburg in kurzen Hosen, die Klampfe geschultert und dann auf "Fahrt" in die Lüneburger Heide zum Volksliedersingen? Unvorstellbar. Doch um das Jahr 1900 und folgend wären sie mit ihrem Habitus aus deutscher Innerlichkeit und bildungsbürgerlicher Intellektualität sowie dem Bewusstsein, einer kulturell-sozialen Avantgarde anzugehören, in der Lüneburger Heide genau richtig aufgestellt gewesen, und das bis hin zur Frisur: Die Wandervögel waren mal so etwas wie die absoluten Hipster der deutschen Jugend, die als eigener Lebensabschnitt erstmals in dieser Zeit gedacht und gelebt wurde: "Jugend" als Moratorium, als "Freiraum". Was wie bei der Urtruppe des großstädtischen "Steglitzer Wandervogels" zunächst als freigeistiges Adoleszenzvehikel (bildungs)bürgerlicher Jugend funktionierte - zurück zur Natur! -, weitete sich im späteren Verlauf auf alle sozialen Schichten aus, allerdings zum Preis der Vereinnahmung durch sämtliche nur denkbaren Institutionen: Kirchen, Parteien, Gewerkschaften - nicht mehr die originäre Bewegung, sondern die "Jugendpflege" stand nun im Vordergrund, und zwar unter der Fragestellung: Wie kann es uns gelingen, die Jugendlichen am besten in unserem Sinne zu beeinflussen?

In kurzen Hosen

Holger Meins war nicht nur Mitglied der ersten Generation der RAF, sondern zuvor auch bei den christlichen Pfadfindern. 1957 nahm er am internationalen Pfadfindertreffen "Indaba Moot" in Sutton Coldfield Park, England, teil. Er starb im Hungerstreik, mit dem er gegen die Haftbedingungen im Gefängnis Wittlich protestieren wollte.

Götz Alsmann, Musiker und Showmaster ("Zimmer frei"), war in seiner Jugend Pfadfinder und kann auch Gitarre spielen. Er favorisiert jedoch "westlich-dekadente" Jazzmusik.

Jim Morrison, Rocklegende (The Doors), war der Sohn eines Admirals und selbstverständlich Mitglied der Boyscouts. Später wurde er zum antiautoritären Rebellen - und zugleich romantisch-idealistischer Lyriker einer ganzen Generation.

Hillary Rodham Clinton war in jungen Jahren bei den Girlscouts und will mal werden, was Lisa Simpson wohl doch nie schafft: Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika.

Günther Jauch, Showmaster: früher Pfadfinder, heute eine Art Verwalter des "Schlauen Buchs" vom Fähnlein Fieselschweif. Er hat immer die richtigen Antworten auf alle Fragen auf seinem Monitor.

Herbert Grönemeyer, Sänger ("Männer"!), hat mal ganz klein bei den Pfadfindern angefangen und möchte heute gleich die ganze Welt retten.

Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Held des deutschen Widerstands, war Mitglied der Bündischen Jugend und opferte aus Versehen sein Leben, um Hitler zu beseitigen. Eigentlich wollte er als Vertreter des (Geistes)adels Teil der neuen deutschen Regierung nach Hitler werden. MRE

Die Botschaft der Bibel oder das Parteiprogramm lässt sich eben besser eintrichtern, wenn man zugleich eine Portion Abenteuer und Lagerfeuer verabreicht - was im späteren Verlauf des Jahrhunderts sowohl von der NSDAP, die sämtliche Jugendbewegungen unter dem Dach der Hitlerjugend (zwangs)vereinigte, als auch von der SED begriffen wurde, die wiederum nach 1945 mit der FDJ an die Tradition der Arbeiterjugendbewegung aus den 20er- und 30er-Jahren anknüpfte. Mit dem Ergebnis, dass die letzten von Blauhemden geschlagenen Trommeln erst 1989 verstummten. Und das, obwohl mit ihren Trägern schon sehr lange keine "neue Zeit" mehr zog, im Gegenteil. Der oberste Pfadfinder - auch Erich Honecker war dereinst arbeiterjugendbewegt und später FDJ-Vorsitzender - war schon längst dem Tod geweiht. Und die Jugend der DDR wollte schon lange nicht mehr "Sag mir, wo du stehst" singen, sondern westlich-dekadente Rock- und Popmusik in der Disco hören, anstatt im Wald zu campieren.

Etwas später dran, dafür jedoch unter anderen Vorzeichen, war der Brite Robert Stephenson Smyth Baden-Powell, der nach einem dem kolonialen Militäreinsatz gewidmeten Leben im Jahr 1907 endlich die Zeit fand, seine lang gehegte Idee einer Jugendpfadfindertruppe umzusetzen. Vom 25. Juli bis zum 9. August gleichen Jahres veranstaltete er das erste Jugendzeltlager mit 22 Jungen aus allen sozialen Schichten. Bereits 1908 erschien sein Buch "Scouting for Boys", in dem er erstmals den bis heute populären pädagogischen Lehrgrundsatz learning by doing formulierte. Noch auf dem Totenbett formulierte der greise Jugendheld die bis heute wichtigsten Grundsätze der internationalen Pfadfinderbewegung: "Versucht, die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt", und: "Der wahre Weg, um Glück zu erlangen, besteht darin, andere Menschen glücklich zu machen."

Jeden Tag eine gute Tat - eine angelsächsische Mixtur aus Idealismus und Commonsense. Allerdings standen die Camps des alten Haudegens Baden-Powell, der seine Erfahrungen unter anderem in Indien, Afghanistan und Südafrika gesammelt hatte, von Anfang an unter paramilitärischen Vorzeichen: Die jungen "Spurenleser" wurden in kleinen "Einheiten" formiert und in Uniformen gesteckt. Zum einen waren sie so in der Tat der Logik der sozialen Schichten entzogen, zum anderen wurden sie so auf das Hervorragendste auf den späteren Militärdienst vorbereitet.

Die berühmtesten boyscouts der Welt, die Disney-Protagonisten Tick, Trick und Track (englisch Huey, Dewey and Louie) vom Fähnlein Fieselschweif, bekannt aus den Donald Duck-Heften, sind denn auch für den geneigten Leser niemals individuell unterscheidbar, sondern gehen stets in ihrer Kleingruppe auf, die sich mit Hilfe des "Schlauen Buchs" durchs Leben schlägt: stets smart und im Vergleich zu ihrem chaotischen Onkel Donald fast schon altklug. Von wem, wann und wo die Geschwister gezeugt wurden, erfährt man übrigens nicht.

Die deutsche Jugendbewegung hatte zumindest in Fragen der Sexualität doch etwas mehr zu bieten: Innerhalb des Wandervogels und später der Bündischen Jugend experimentierten Jungmann und Jungfrau mit Freikörperkultur, freier Liebe und gleichgeschlechtlichem Sex - Letzterer gerne auch zwischen älterem Jugendführer und geführten Epheben. Die letzten noch existierenden Reste der Bündischen Jugend machen denn auch heute vor allem auf sich aufmerksam, wenn es mal wieder einen Missbrauchsfall zu beklagen gibt. Damals lief das Ganze unter dem Arbeitstitel pädagogischer Eros, was später unter der geistigen Anleitung des etwas verdrehten Denkers und Theoretikers der Jugendbewegung Hans Blüher gleich zu einem kompletten, männerbündischen Staatskonzept weitergedreht wurde - bis es von Heinrich Himmler persönlich abgewürgt wurde: Männerbund ja, Homosexualität nein.

Aus britischer Sicht der typische Wahnsinn der crazy Krauts, doch anschlussfähig zum Beispiel für den romantischen, modernitätskritischen Schriftsteller D. H. Lawrence, der seine Lady Chatterley die sexuelle Befreiung mit Dresdener Wandervögeln erfahren lies. Im Wald. Doch auch die avantgardistischen Strömungen der deutschen Jugendbewegung befanden sich stets in einer zum Teil befruchtenden, zum Teil vereinnahmenden Auseinandersetzung mit der damals sich entwickelnden Reformpädagogik - die trotz allem noch immer eine Pädagogik war.

Die deutsche Jugendbewegung hat mehrere Generationen von Deutschen nachhaltig geprägt, insbesondere die Eliten der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft - auch wenn sich kaum noch jemand an den wandernden Bundespräsidenten Karl Carstens erinnern kann. Und wenn Rentneraktivistin Trude Unruh von den Grauen Panthern sich heute für die Kulturleistung des Volksmusikduos Marianne und Michael stark macht, dann liegt das daran, dass die heute alten Menschen noch eine Jugend erlebt haben, in der Volksmusik schwer angesagt war.

Der Geist der Jugendbewegung ist jedoch schon lange tot. Allerspätestens in den 60ern erklang überall jene Musik, die von den Nazis als "kulturbolschewistische Negermusik" und in der DDR als "westlich-dekadent" verschimpft wurde: Swing, Jazz, Rock, später Pop. Die passt so gar nicht zum Wandern - was auch die Kids von heute irgendwann merken, nachdem sie von ihren Eltern etwa bei der Pfadfinderschaft St. Georg angemeldet worden sind. Prompt treten sie wieder aus und treffen sich lieber mit ihren Altersgenossen an der Tankstelle.

Übrig geblieben ist jedoch das Konzept Jugend, das heute den ganzen Planeten beherrscht. Die Formationsprozesse sind längst anderen, hauptsächlich kapitalistisch-konsumistischen Grundsätzen unterworfen: Man trägt, hört und isst, was man ist. Mit kurzen Hosen, Gitarre und Erbswurst zum Abkochen ist es jedoch nicht mehr getan, man braucht im Prinzip eine Kreditkarte.

"Teil einer Bewegung" möchte die Jugend von heute eben doch ganz gerne sein, aber ohne eine Verpflichtung einzugehen, die über den Besuch bestimmter Konzerte und den Ankauf gewisser Kleidungstückte hinausgeht. Die Baden-Powells dieser Welt können derweil noch so schön auf der Flöte spielen - im Großen und Ganzen ziehen die kleinen Ratten lieber ihr individuelles Ding durch. Beruhigend.

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11 Kommentare

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  • PB
    Pitt Brandstädter

    Es gibt auch linke Stammtische...

    Gefangen in beschränkter Weltsicht und mit platten Klischees hantierend, wird über Dinge fabuliert, die man nicht versteht.

    Die TAZ ist deren Hauspostille !

    Etwas mehr journalistischer Tiefgang täte ihrem Blatt sicherlich gut.

  • A
    Anna

    Herr Reichert,

    Ich finde das Foto schön, da haben Sie sich die Zeit genommen ein tolles zu finden. Vom Text bin ich jedoch entrüstet, ich denke Sie hätten sich die Zeit nehmen können mal bei einem Stamm vorbei zuschauen und wären sicherlich ganz anders an die Formulierung des Artikels gegangen.

     

    Ich bin selbst Pfadfinder im VCP und bin enttäuscht das wir mit der HJ und der FDJ verglichen werden; wir haben demokratische Gremien und sind frei, zu entscheiden ob wir zu den Gruppenstunden, Lagern und Veranstaltungen gehen oder nicht. Wir müssen nicht erst von unseren Eltern gezwungen werden, keiner meiner Sipplinge (Gruppenkinder) fühlt sich bei uns unwohl.

     

    Zudem wird man bei uns nicht auf eine militärische Laufbahn vorbereitet, sondern lernt wichtige Tugenden und andere Dinge, die im Leben von Wert und Wichtigkeit sind(z.B. Kritikfähigkeit; Respekt; Hilfsbereitschaft; das Arbeiten in Gruppen; Selbstbewusstsein; Verständnis und das man nicht vorschnell urteilen sollte, ohne sich genügend zu informieren).

     

    Nächstes Mal könnten Sie ja über berühmte Pfadfinder, früher und heute, in Politik und Musikgeschäft schreiben(Lena Meyer Landrut, Stauffenberg, Neil Armstrong, Geschwister Scholl, so mancher Politiker ist/war Pfadfinder), die etwas (positives) bewegt haben. Sie brauchen bloß zu recherchieren.

     

    Ich hoffe sie und die Zeitung nehmen sich das zu Herzen und überdenken das Geschriebene.

     

    LG und GP

     

    Anna

  • QD
    "John Dewey"

    ...und ergänzend, möchte ich Herrn Reichert noch darauf hinweisen, dass es nicht Robert Baden-Powell war, der "den bis heute populären pädagogischen Lehrgrundsatz 'learning bei doing' formulierte", sondern John Dewey, welcher als ein wesentlicher Begründer dieses pädagogischen Ansatzes gilt.

     

    Beste Grüße!

  • PF
    Philip Fröhlich, VCP Fürth

    Sehr geehrter Herr Reichert!

    Bei meinen Recherchen - die ich für ein Referat sehr sorgfältig machen muss - bin ich zufälligerweise über Ihren Artikel hier gestolpert. Mein erster Gedanke hierbei war: Lass das mit den Gymnasium und werde Journalist, musst ja nicht viel recherchieren!

     

    Ich bin sehr entrüstet und bin der gleichen Meinung meiner Vorredner. Nur ein Punkt lässt mich sehr erzornen:

    1. "Der Geist der Jugendbewegung ist jedoch schon lange tot"

    Wenn Sie Ihre recherchen richtig gemacht hätten, wären Sie eventuellerweise auf das WorldScoutJamboree gestoßen. Im Jahr 2007 fand dieses in England mit 40 000 Pfadfinder aus 158 Nationen statt. Wenn ein Geist als tot anbetrachtet wird, bei 40 000 Pfadfindern auf diesen gigantischen Zeltlager, ca. 350 000 Pfadfindern in Deutschland und - nur in dem großen Dachverband: World Organisation of Scout Movement - 28 Millionen weltweit, wofür dieser auch ein Eintrag als größter Jugendverband der Welt im Guiness Buch der Rekorde erhielt, DANN möchte ich, dass Sie mir eine Jugendbewegung zeigen, deren Geist noch nicht gestorben ist.

     

    Wenn Sie sich selbst davon überzeugen möchten, schauen Sie doch am Samstag, den 5. Juli um 13 Uhr in Fürth an unserem 80. Jubiläum, bei dem zahlreiche Vertreter der Politik, etc. anwesend sind, vorbei und überzeugen Sie mich abends beim gemeinsamen Singen am Lagerfeuer von Ihren, frei erfundenen Thesen.

     

    Gut Pfad

    Philip Fröhlich

     

    Seit 1999 Pfadfinder im VCP Stamm Franken Fürth

    Seit 2007 Gruppenleiter von 28 Kindern!

  • KK
    Katharina Kort

    Lieber Herr Reichert,

    Werte wie Respekt vor anderen, Naturschutz und den Sinn des Lebens nicht nur im Materiellen zu suchen, sind sicher keine hinterwäldlerische oder demokratie-ferne Auswüchse. Übrigens habe ich in keinem anderen Umfeld soviel Umgang mit verschiedenen Schichten der Gesellschaft gehabt wie bei den Pfadfindern. Auch an der Tankstelle bleiben doch meist Gymnasiasten und Hauptschüler unter sich. Als Gruppenleiterin habe ich ganz nebenher (und vor allem ohne dass das je eine Motivatione gewesen wäre)Organisation, Logistik, öffentliches Sprechen und Menschenführung gelernt. Das sind Eigenschaften, die einem auch im späteren, realen Leben weiterbringen - und für die Menschen heute in Extra-Kursen viel Geld hinblättern, ebenso wie für teure Kurse, um zur Natur zurückzufinden und die Seele baumen zu lassen. Es ist nicht schlecht, wenn junge Menschen lernen, dass das viel einfacher und - wie auch Sie schreiben - ohne Kreditkarte zu haben ist.

    Schönen Gruß

    Katharina Kort

  • MM
    Mattias Metz, DPSG

    Lieber Ulrich,

    (ich benutze jetzt mal das unter Pfadfindern üblich du),

    du schreibst Herr Reichert kann nicht wissen, dass die Kluft (oder die gesamte Pfadfinderei) keine Vorbereitung auf den Militärdienst darstellt? Und das Pfadfinder weltweit sozial aktiv sind? Ich denke die Informationen lassen sich heute sehr leicht im Internet finden, oder?

     

    Gut Pfad,

    Mattias

  • PD
    Prof. Dr. Ulrich Bauer, VCP

    Sehr geehrter Herr Reichert,

    natürlich können Sie nicht wissen, dass die "Tracht" oder "Kluft" der Pfadfinder überhaupt keine Vorbereitung auf einen Militärdienst darstellt.

    Und wahrscheinlich kennen Sie das Gefühl nicht, nach einer Wanderung mit der Gruppe am Abend im Zelt zu sitzen, dem Regen zuzuhören und ins Feuer zu sehen. "Seele baumeln lassen" und positives Gruppengefühl heißt das heute in entsprechenden Anti-Streß-Kursen.

    Sie können nicht wissen, welche sozialen Einsätze Pfadfinderinnen und Pfadfinder weltweit in 100 Jahren durchgeführt haben, allein im common sense, aus Idealismus, Mitgefühl und Verantwortung. Die Aktion der weltweiten Aktion "Working for Peace" dokumentierte dies 2007 eindrücklich.

    Ihre Überbetonung und Heraushebung negativer und kritischer Aspekte der Pfadfinderei dagegen ist in den Augen derjenigen, die die positiven Forderungen dieser Idee für ihr eigenes Leben umgesetzt haben, zu sehr journalistische Effekthascherei, ist einseitig und kommt der Realität der Pfadfinderbewegung im Jahre 2008 nicht sehr nahe. Das mögen Sie anders sehen.

    Schade um den guten Ansatz im ersten Absatz. Wo Sie doch wirklich viel recherchiert haben. Holger Meins hat tatsächlich als CPer in einem Hamburger Trupp am Jamboree, nicht am Rover Moot, 1957 in Sutton Coldfield teilgenommen.

    Sollten Sie zufällig am 31. 5. 2008 in Kassel vorbeikommen, lade ich Sie zu einem Kaffee im Rahmen unseres Archivtags herzlich ein. Das vielfältige pfadfinderische Leben könnten Sie dabei aus anderer Sicht kennenlernen.

    Mit freundlichem Pfadfindergruß

    U. B.

  • GR
    Gert Roepke

    Lieber Herr Reichert!

     

    "taz" ist für mich Synonym für intelligenten Journalismus, witzigen aber hervorragenden Sprachgebrauch und kritische Gesellschaftsanalyse. Mir ist nicht klar, wieso Sie in diesem Artikel von all dem abweichen und mit einem völlig unangebrachten Sarkasmus über ein Thema herziehen, das sich für alle, die täglich damit zu tun haben oder irgendwann in ihrem Leben zu tun hatten völlig anders darstellt.

     

    Warum bekomme ich beim Lesen das Gefühl zu einer naiven, eher unkritischen und ewig missbrauchten Generation von Leuten zu gehören, die zwar niemandem etwas tut, aber eben auch aus Ihrer Sicht nicht richtig sozialisiert wurde?

     

    Die Mischung aus vermeintlich historischen Fakten mit der Arroganz des halbwissenden Außenstehenden und ein paar prominente Namen geben weder ein korrektes Bild der deutschen Jugendbewegungen, geschweige denn der internationalen Pfadfinderbewegung, noch animiert sie mich zur weiteren kritischen Auseinandersetzung.

     

    Obwohl das Thema hoch interessant sein könnte, weil sich in der deutschen Jugendbewegung vor dem zweiten Weltkrieg fast alle gesellschaftspolitischen Strömungen wiederfanden und auch heute - gerade in den Pfadfinderbünden - eine fast unüberschaubare Vielfalt herrscht, die auf jeden Fall einer der vielen guten deutschen Traditionen entspricht.

     

    Innerhalb ein Vielfalt von Angeboten auswählen zu können, ist ein pädagogischer Wert der Pfadfinder an sich. Das frühe Erlernen von gegenseitigem Respekt und sozialem Engagement ein anderer. Kein Wort davon in Ihrem Artikel.

     

    Sie schreiben als Außenstehender für Außenstehende. Was macht das für einen Sinn, wenn keine neuen Erkenntnisse zu Tage kommen?

     

    Wieso sollte einen Leser interessieren, dass Sie "beruhigt" sind über Jugendliche, die ihr individualistisches Ding durchziehen? Ich denke zum Beispiel, der Leser sollte darüber zutiefst beunruhigt sein. So wie im Übrigen über den ganzen Artikel...

     

    Gruß aus Amsterdam von einem der ca 3 Millionen Pfadfinder dieser Welt.

  • MM
    Mattias Metz

    Sehr geehrter Reichert,

    wissen Sie was meine Pfadfinderfreunde und Sie unterscheidet?

    Als erstes, dass wir unterscheiden können, zwischen DPSG, VCP (Pfadfinderverbänden) und HJ, FDJ und co.

     

    Natürlich haben Sie recht, wenn Sie die militärischen Wurzeln erwähnen. (Immerhin war der Gründer zufällig General der britischen Krone)

    Eine internationale Bewegung die 2007 für den Friedensnobelpreis nominiert war, aber nur als paramilitärische Vereinigung darzustellen ... In meinem Stamm liegt der Prozentsatz der Kriegsdienstverweigerer bei geschätzten 95%.

     

    Verstehe ich völlig, ohne jemals ein Pfadfinderlager besucht zu haben oder am Feuer gesungen zu haben (ich weiß nicht ob es ihnen bewusst ist, aber auch auf der Akustischen kann man gute Pop-Rock-Musik spielen), haben Sie ja nur die Möglichkeit das nieder zuschmieren was Sie im Lustigen Taschen Buch gelesen, oder in us-amerikanischen Hollywoodproduktionen gesehen haben.

     

    Hauptsache wir bestätigen jedes Klischee; Paramilitärische Verrückte die auf kleine Jungen stehen!

    (Und hier wären wir bei zweitens: wir versuchen gegen die Vorurteil in unseren Kopf an zu arbeiten.)

     

    Saubere Sache, machen Sie ruhig so weiter. Es gibt eine Zeitung die verkauft sich in Deutschland hervorragend.

    Die achten auch darauf nicht zu genau zu recherchieren, sonst würde ja der Leser böse werden.

    Wer will sich schon noch bilden?

    Wenn es soviel bequemer ist an der Tankstelle n bisschen Bier zu trinken?

     

    In diesem Sinne,

    lade ich Sie ein uns dieses Jahr in unserem Sommerlager zu besuchen,

    Mattias Metz

     

    seit der 2 Klasse Pfadfinder (und noch nie von einem Leiter missbraucht),

    seit 3 Jahren Pfadfinderleiter,

    seit 1 Jahr Stammesvorstand,

    ein Leben lang Pfadfinder.

  • A
    Anne-Judith

    sehr geehrter Herr Reichert,

    oder lieber Gut Pfad?

     

    das Gut Pfad trifft auf Sie wohl nicht so ganz zu. Schade eigentlich.

     

    Wie kommt es, dass über einem Artikel "Pfadfinder" steht und es in der ersten Hälfte nicht um Pfadfinder geht? Ich lese etwas über den Wandervogel (okay, wir sind uns ähnlich), über die NSDAP und die HJ, über die FDJ der DDR...

     

    "der nach einem dem kolonialen Militäreinsatz gewidmeten Leben im Jahr 1907 endlich die Zeit fand, seine lang gehegte Idee einer Jugendpfadfindertruppe umzusetzen"

    Sind Sie sich da sicher? Wollte er nicht ein Erziehungsmodell in der Praxis testen? Es hat sich dann verselbständigt.

     

    "Von wem, wann und wo die Geschwister gezeugt wurden, erfährt man übrigens nicht"

    kurz am Rande: eine Schwester von Donald ist die Mutter, aber was das mit Pfadfinderei zu tun haben soll, wird mir nicht klar.

     

    "Der Geist der Jugendbewegung ist jedoch schon lange tot"

    Waren Sie einmal auf einer Pfadfinderfahrt oder einem Lager dabei? Oder bei einer Fahrt der Wandervögel?

    Ich finde noch Jugendbewegung!

     

    "Swing, Jazz, Rock, später Pop. Die passt so gar nicht zum Wandern - was auch die Kids von heute irgendwann merken, nachdem sie von ihren Eltern etwa bei der Pfadfinderschaft St. Georg angemeldet worden sind. Prompt treten sie wieder aus und treffen sich lieber mit ihren Altersgenossen an der Tankstelle."

    Und wieso gibt es dann weltweit etwa 30.000.000 Pfadfinder? Und es werden mehr, nicht weniger.

     

    "Mit kurzen Hosen, Gitarre und Erbswurst zum Abkochen ist es jedoch nicht mehr getan"

    In der Tat! Man benötigt noch eine Fahrt dazu, ein Zelt und die Rucksäcke. Mit ein bisschen Abwechslung im Speiseplan reicht das dann aber tatsächlich aus.

     

     

    Ich finde es im Prinzip schön, wenn Artikel über Pfadfinder erscheinen. So negative Texte allerdings würde ich am liebsten persönlich löschen können. Auch kann ich manche Ihrer Aussagen nicht nachvollziehen (wie Sie meinem Kommentar sicher entnehmen können)

    Vielleicht sehe ich die Welt ja verkehrt, wenn ich noch Jugendbewegung sehe, aber ich bin da nicht die einzige!

  • AT
    Andreas Thomsen

    Lieber Herr Reichert,

     

    Die größte deutsche Nachkriegs- Jugendbewegung waren doch die "68er" und ihre grün-alternativen Nachfolger.

     

    Von der sexuellen Befreiung und der freien Liebe über das Leben im Kollektiv und die Verachtung alles "Bürgerlichen" bis hin zum "natürlichen" Leben mit Bio-Kost, Umweltschutz und "Atomkraft-nein danke" sehen wir hier ganz deutlich die rechtmäßigen Erben der Reformbewegungen vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts vor uns.

     

    Daß die Bundhosen zeitweise durch Latzhosen ersetzt wurden, daß man nicht mehr zur Klampfe singt, sondern zur E-Gitarre, das sind doch nur natürliche Weiterentwicklungen.

     

    MfG

     

    A. Th.