petition der woche
: Angst vorm Gene Drive: Malaria-Mücke mit Genschere

Anlass der Petition Der erste Freilandversuch mit Gene-Drive-Organismen

Das wollen die Initiatoren Ein Moratorium für die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen

Das wollen sie nicht Dass gentechnische Kettenreaktionen wildlebende Arten ausrotten

Fast vier Jahre läuft die Kampagne, 239 Nichtregierungsorganisationen haben sich zusammengetan. Am kommenden Dienstag wollen die Ak­ti­vis­t:in­nen von „Stop Gene Drives“ Bundesumweltministerin Steffi Lemke in Berlin eine Petition mit 290.000 Unterschriften überreichen. Die Petition fordert ein Moratorium. Ein erster geplanter Freilandversuch der sogenannten Gene Drives in Burkina Faso soll verhindert werden.

Das Thema hinter der Petition ist recht komplex. Gene Drives können nämlich etwas, was in der Natur nur Spezialisten vorenthalten ist: Sie können die Regeln der Genetik untergraben und eine gewünschte Eigenschaft im Erbgut ganzer Lebensgemeinschaften oder sogar Arten durchsetzen. Möglich ist das dank eines Werkzeugs, das eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Nicht zuletzt, nachdem die zwei Erfinderinnen 2020 einen Nobelpreis erhielten.

Gemeint ist die Genschere Crispr-Cas, mit deren Hilfe sich gezielt und präzise auch geringfügige Veränderungen im Erbgut von Lebewesen vornehmen lassen. Im normalen Fall wird die Schere dafür einmal genutzt und ist selbst nicht Gegenstand der Veränderung. Im Fall der sogenannten Gene Drives wird die Schere aber zum Erbgut dazugelegt und ebenfalls weiter vererbt. So kann Crispr-Cas die Eigenschaft auch in allen Nachkommen wie gewünscht verändern.

Es gibt so eine forcierte Vererbung auch in der Natur, bei Insekten zum Beispiel, um das Geschlechterverhältnis der Nachkommen zu beeinflussen. Als neue Technologie sollen Gene Drives nun aber Menschheitsprobleme lösen. Vor allem gegen die von Mücken übertragene Malaria sind Gene Drives eine große Hoffnung. In die Umwelt verbrachte Insektizide, imprägnierte Moskitonetze und Medikamente haben zwar Erfolge gegen die Malaria erbracht. Aber eine wirklich wirksame Impfung gibt es bis heute nicht. In Afrika sterben nach wie vor jährlich knapp 500.000 Kleinkinder an der Krankheit.

Gene Drives könnten das ändern, indem sie die Mücken aktiv in ihrer Fortpflanzungsfähigkeit behindern, bis sie ganz verschwunden sind. Oder indem sie den Blutsaugern die Fähigkeit nehmen, Malariaerreger zu übertragen. Wie gut das im Freiland funktioniert und ob unerwünschte Folgen eintreten, ist aber noch unklar. Weshalb die „Stop Gene Drives“-Kampagne von Save Our Seeds nicht ganz alleine dasteht mit der Forderung, die Technologie vorerst besser nicht zu nutzen.

Auch Pioniere der Gene Drives sprechen sich seit Jahren gegen voreilige Freisetzungen aus. Nicht, weil ökologische Katastrophen zu befürchten wären. Sondern weil selbst kleinste Fehler die Möglichkeiten eines späteren, sicheren Einsatzes pulverisieren könnten. Dazu kommt, dass die meisten For­sche­r:in­nen des Feldes aus Industrienationen stammen. So sagte die Malariaexpertin Francine Ntoumi von der Universität Tübingen bei einer Diskussion im Bundestag kürzlich, es sei sehr wichtig, Wis­sen­schaft­le­r:in­nen aus Burkina Faso und Gabun mit entscheiden zu lassen, welche Technologien in ihren Ländern unter welchen Bedingungen eingesetzt werden.

Ob es jemals dazu kommt, hängt aber nicht nur von der Forschung an den Gene Drives ab. Auch die Entwicklung und Zulassung eines hochwirksamen Impfstoffs könnte der Kampagne letztlich recht geben. Kathrin Zinkant