Petition für einen Raucherraum: In Kälte und Regen verbannt
Die taz baut ein Haus ohne Raucherraum. Nun gehen die rauchenden taz-KollegInnen in die Offensive. Sie stehen vor einer schwierigen Aufgabe.
Bekannt ist: Die taz.die tageszeitung baut ein neues Haus. Grün soll es sein – energieeffizient und mit allerhand Kohlendioxid einsparenden Besonderheiten versehen. Ein Wohlfühlbau, einer, in dem die taz eine noch bessere Zeitung wird, weil es allen, die darin arbeiten, besser geht. Sie werden nicht frieren im Winter und dehydrieren im Sommer wie in den Redaktionsräumen an der Rudi-Dutschke-Straße. (Ein taz-Coup, dass die Straße so heißt.)
Nun allerdings sieht ein Teil der MitarbeiterInnen rot: Im neuen taz.das haus gibt es keinen Raucherraum. Die Hälfte der Belegschaft – die rauchende – würde zehn Ausrufezeichen hinter den letzten Satz machen. Kein Raucherraum – ein Affront. „Ungerechtigkeit.“
Die andere Hälfte der Belegschaft setzt dahinter einen Punkt. Kein Raucherraum – ein Fakt, (trotz Postfaktenfaschismus). Mitnichten also eine Ungerechtigkeit, ganz im Gegenteil. (Noch immer schockiert erinnern sich einige jetzt an die Unbarmherzigkeit, mit der sie von Rauchern und Raucherinnen in den taz-Redaktionen früher zugequalmt wurden; spießig war, sich darüber zu mokieren. Jetzt streichen sie das den Rauchenden mit Vergnügen aufs Brot.)
Weil es nichts Wichtigeres gibt, um die Welt zu verbessern, wurde nun von 115 tazlerInnen – etwa die Hälfte der Belegschaft – eine Petition unterschrieben: „Für einen Raucherraum in der taz.“ Man wittert ordre du mufti, Geschäftsführer Kalle Ruch (nichtrauchend, „Aber es stört mich nicht, wenn geraucht wird“) hat die Rauchenden übergangen, obwohl sie bei der Planung gefragt wurden, was sie zum Wohlfühlen brauchen: Ja was? Einen Raucherraum.
Auf einer (eiligst) einberufenen Mitarbeiterversammlung am Montagabend – anwesend: eineinviertel Dutzend Raucher und Raucherinnen der taz.die tageszeitung, eine nichtrauchende Redaktionsrätin, zwei nichtrauchende Betriebsräte (echt jetzt?), eine rauchende Vorstandsdame („Ich will als Nichtraucherin ins neue Haus ziehen“), der nichtrauchende Geschäftsführer und eine Vertreterin der freien Presse (der taz.die tageszeitung), die nur dann in ihrem Leben rauchte, wenn sie Liebeskummer hatte (dreimal) und die hofft, dass das nie-nie-nie-niemals wieder passiert.
Argumente wurden ausgetauscht:
– Der Geschäftsführer: Nicht rauchen sei gesellschaftlicher Trend. Der Nichtraucherschutz geht vor. Typisch taz: Sie will sich nicht dem Trend anschließen.
– Kollege A: Trump ist auch Trend.
– Kollegin B: Wenn es keinen Raucherraum gibt, wird der Nichtraucherschutz ausgehebelt, weil dann illegal geraucht wird.
– Der Geschäftsführer: Typisch taz.
– Kollege C: Man kann doch eine der vielen Teeküchen in einen Raucherraum umwidmen.
– Der Geschäftsführer: Die grüne Belüftungsanlage erlaubt das nicht. Aber es gibt 800 Meter Balkon, dadrauf kann geraucht werden. Außerdem sei der Rohbau schon fertig. Wenn jetzt wegen Rauchentlüftung und Brandschutz etwas umgeplant werden muss, wird es teuer.
– Die Vertreterin der freien Presse: Sieht man ja am BER.
– Kollege D: Wenn wir in Südamerika wären, würde ein Regenschutz reichen, aber in Berlin frieren wir beim Rauchen ein halbes Jahr, wenn wir nach draußen verbannt werden. (Verbannung.)
So geht das eine Weile weiter, der Betriebsrat fordert den Geschäftsführer auf, noch mal mit den Architekten zu sprechen, die Redaktionsrätin mahnt eine Machbarkeitsstudie „in Gänsefüßchen“ an, die nichtrauchende Vertreterin der freien Presse meint, Raucherräume förderten die Segregation, und der Geschäftsführer, gefragt, was er aus der Sitzung mitnimmt, sagt: „Das Gespräch hat mich jetzt nicht überzeugt“, er wolle aber auf der nächsten Baubesprechung von der Redaktionsversammlung berichten.
Vor der Baubesprechung habe der Geschäftsführer dann auf der Straße den rauchenden Architekten und den rauchenden Bautechniker getroffen. Die zwei seien, meint der Geschäftsführer, doch sehr verwundert gewesen, dass man sich heutzutage noch traue, Raucherräume zu fordern. Mehr sagte er nicht.
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