Petition der Woche: Gleiches Recht für Brötchen
In Nordamerika werden Hotdog-Brötchen im 8er-Pack verkauft, Hotdog-Würstchen aber im 10er-Pack. Eine Petition will das ändern.
Es war am 4. Juli 2021, dem Nationalfeiertag der USA, als Joey Chestnut erneut ein Meisterstück gelang. Er aß 76 Hotdogs in zehn Minuten. Er schlug damit seinen Weltrekord aus dem Vorjahr, da waren es 75 Hotdogs in zehn Minuten. In der Major League Eating, der amerikanischen Liga des Wettessens, wird Chestnut als „The Greatest Eater“ der Welt gefeiert.
Es ist nicht bekannt, wie Joey Chestnut zu der Petition steht, die gerade die Hotdog-Welt in Atem hält. Vermutlich ist es ihm egal, denn „The Greatest Eater“ wird wohl nirgendwo für Hotdogs bezahlen müssen. Alle Normalsterblichen aber schon, und die haben ein Problem.
In den USA und Kanada werden Hotdog-Würstchen nämlich im Zehnerpack verkauft. Die Brötchen dazu gibt es aber nur im Achterpack. Gegen diese Ungerechtigkeit gibt es nun eine Petition. „It’s time“, schreiben Unterstützer*innen, und „gleiches Recht für Würstchen und Brötchen“.
Ist der Kapitalismus schuld?
Was steckt hinter dem Ungleichgewicht der Hotdogs? Der Kapitalismus, denken jetzt alle, klar. Wahrscheinlich trafen sich die Fleischfirmen mit den Brotfirmen in einem dunklen Keller, irgendwo in Washington, und handelten diesen Deal aus.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Es war bestimmt einer der Wurstmänner, klein, fies, mit Zigarre in seinem Mund, der auf den Tisch haute und sagte: „So! Ihr verkauft in Achterpacks, wir in Zehnerpacks, und so ziehen wir den Leuten das Geld aus der Tasche, muhaha“. Und so war die Hotdog-Ungleichheit geboren, amerikanische Familien verzweifelten am Supermarktregal und unendlich viele Würstchen landeten im Müll. Nun, ganz so spektakulär war es leider nicht.
Das Problem der Hotdog-Causa liegt an der Art, wie die Brötchen gebacken werden. Industriell hergestellte Brötchen werden immer in Vierergruppen in den Ofen geschoben. Deshalb gibt es die Brötchen nur in Achter- oder Zwölferpackungen. Das sagt zumindest der National Hot Dog Sausage Council – ein Verband, der sich für die Rechte der Wurstindustrie in den USA einsetzt – gegenüber Newsweek.
Zweifelhalfte Lösung des National Hot Dog Sausage Council
Und der Verband hat natürlich auch eine Lösung für das Hotdog-Problem parat: Mathematik. Man könne ja, schlägt er vor, einfach vier Packungen Würstchen und fünf Packungen Brötchen kaufen. Das ergäbe dann die gleiche Anzahl von Brötchen und Würsten, man bekommt genau vierzig Hotdogs.
Klar, dass der National Hot Dog Sausage Council das sagt. Der Verband vertritt die Interessen der größten industriellen Fleischhersteller in den USA. Und wenn wir schon mal dabei sind: Die Petition für Gerechtigkeit beim Hotdog-Kauf ist ein PR-Gag der Firma Heinz. Genau, richtig, die mit dem Ketchup.
PR hin oder her, die Frage ist doch: Kann der Hotdog-Klassenkampf etwas verändern? Immerhin haben bis Redaktionsschluss 25.684 Menschen unterschrieben und stündlich werden es mehr. Aber: Bis jetzt hüllt sich die Hotdog-Industrie in Schweigen.
Wenn das so bleibt, dann gibt es ja immer noch die mathematische Lösung: viermal Würstchen und fünfmal Brötchen kaufen. Aber ob das die Lösung für amerikanische Familien ist? Schließlich sitzt nicht an jedem Tisch ein Joey Chestnut, der sich alle acht Sekunden einen Hotdog reindrückt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung