Petition der Woche: The Hoff rettet schon wieder Berlin
David Hasselhoff, Schauspielerdarsteller und US-Schlagerstar, äußert sich gegen die Bebauung des Spreeufers. Yeah.
Für David Hasselhoff war es wohl der emotionale Höhepunkt seiner Karriere: Zu Silvester 1989 schmetterte er vor 500.000 BerlinerInnen am Brandenburger Tor sein „Looking for Freedom“. Anderthalb Monate zuvor war die Mauer aufgegangen, und der US-Schauspieler hatte zufällig die passende „Freiheitshymne“ geliefert. Dass das Lied eigentlich nur den Lebensweg eines jungen Mannes schilderte, der sich entgegen den Warnungen seines Vaters als Gelegenheitsarbeiter durchschlug, geschenkt. Freedom!
Es ist also nur folgerichtig, dass „The Hoff“, wie seine Fans ihn nennen, seine besondere Beziehung zur Mauer oder dem, was davon übrig ist, behalten hat. Zum zweiten Mal mischt sich Hasselhoff nun ein – gegen die Bebauung an der Berliner East Side Gallery, dem mit 1,3 Kilometern längsten zusammenhängenden Mauerstück der Stadt. „Jetzt wollen sie ein monströses Gebäude auf dem ehemaligen Todesstreifen bauen“, warnt Hasselhoff in seiner Videobotschaft vor einem Swimming Pool in Kalifornien stehend.
„Mister Mjuller, Mister mayor“, spricht er Berlins Regierenden Michael Müller (SPD) an: „Bitte vergessen Sie nicht: Wir haben eine Petition gestartet, die sagt: Keine weiteren Gebäude.“ Die Unterschriftensammlung auf Change.org fordert seit Anfang November, neuerlichen Bebauungsplänen zwischen East Side Gallery und Spree eine Absage zu erteilen. Mehr als 42.000 Menschen haben bereits unterschrieben.
Das Bauvorhaben ist tatsächlich gewaltig: Neben dem Luxuswohnturm Living Levels, gegen dessen Bau David Hasselhoff bereits 2013 angesungen hatte, soll in den nächsten Jahren ein 120 Meter langer Gebäuderiegel errichtet werden, neun Stockwerke hoch. Die Mauer zwischen Warschauer Straße und Ostbahnhof, einer der bekanntesten Touristenorte des Landes, würde so zu einem Gartenzäunchen verkommen.
Besuch ist angedroht
„Pier 61|63“ heißt das Projekt der Trockland Management GmbH. Es soll Platz bieten für ein Hotel und Luxuseigentumswohnungen. Kein Wunder, dass es die Gegner da leicht in ihrer Argumentation dagegen haben. Von beidem gibt es in Berlin und erst recht im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wahrlich genug. Doch Trockland kann auf sein Baurecht verweisen und einen mit dem damaligen Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ausgehandelten Kompromiss. Für die Zusage, auf einen eigenen Mauerdurchbruch zu verzichten und die bereits bestehende Zufahrt des Wohnturms mitzunutzen, gab es die Genehmigung für zwei zusätzliche Stockwerke.
Anlass der Petition: An der Berliner East Side Gallery soll ein Gebäuderiegel gebaut werden.
Das wollen die Initiatoren: Einen Baustopp und keine neuen Lücken in der Restmauer.
Das wollen sie wirklich: Nicht noch mehr Luxus-immobilien.
Die rot-rot-grüne Landesregierung um Mister Mjuller hatte in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, sich für den „Erhalt der Mauerreste“ einzusetzen und mit dem Investor „über Ausgleichsgrundstücke“ zu verhandeln. Nun teilt die Senatsverwaltung mit, es bestehe „keine Möglichkeit, das Vorhaben zu verhindern“. Geeinigt habe man sich jedoch über einen zu bauenden Uferweg.
Grund genug für die Petitionsinitiatoren, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Womöglich muss ihr Sprecher, Sascha Disselkamp, im Hauptleben Chef des Vereins der Berliner Clubbetreiber, die Massen auf die Straßen rufen. Das hat zwar schon bei den Protesten 2013 keine Bebauung verhindert, brachte der Hauptstadt aber immerhin einen Hasselhoff-Besuch ein. Den hat The Hoff im Video jetzt auch wieder angekündigt. Manche sagen sogar, er habe ihn angedroht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet