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Peter UnfriedTor für Deutschland

■ Mehr Schröder, weniger Stielike? Seien Sie Ihr eigener Teamchef!

„Ich meine: Wir müssen von vorne anfangen.“ (Gerhard Schröder, Teamchef II)

Verzeiht, all Ihr treuen LeserInnen (also liebe Moni): Aber aus irgendeinem Anlaß wird „Tor für Deutschland“ heute von Paulina Name von der Redaktion geändert (0,42) übernommen, die glaubt, ein paar „Deutsche Worte an Euch fragende Neugeborene“ richten zu müssen (inklusive einer blöden Blumfeld- Anspielung).

Einen recht schönen guten Tag, meine jungen Damen und Herren. Aaah, tut das gut. Falls Sie das auch interessieren sollte: Ich habe gerade geschissen. In meine Pampers. Großartig. Sie wissen es sicher auch schon: Was Besseres gibt es ja gar nicht. Vorher hatte ich Stoffwindeln. Dadurch war ich wohl ein wenig unausgeglichen. Jetzt kann ich wieder jeden Knalldeppen angrinsen, der sich über mich beugt und mich mit infantilem Gestammel belästigt.

Was nun die von Ihnen gestellte Frage nach dem Status „Quo vadis“ in Deutschland betrifft und Ihr Stöhnen, man verlöre heutzutage schon gegen die US-Amerikaner. Mag ja sein. Aber, liebe Freunde, Sie sind jetzt grade mal ein paar Tage alt und können das nicht wissen: Damals, als ich jünger war, verlor man gegen die Türken. Jetzt frage ich Sie: Wo liegt da der qualitative Unterschied?

Ich sage Ihnen: Alles ist auch heute noch genauso, wie es schon war, als ich im Oktober 1998 zur Welt kam. Wir haben in diesem Krisendeutschland einen ewigen Bundesliga-Tabellenführer und zwei ewige Teamchefs. Einen für Fußball, einen für den Rest. Von diesen beiden kann man etwas lernen, was auch in Ihrem Alter wichtig ist: gute Laune zu haben, obwohl Ihnen gar kein besonders prächtiger Haufen gelungen ist.

Wie geht das? Es ist simpel: Sie dürfen sich nicht um „Sachfragen“ kümmern. Sachfragen, liebe junge Freunde, sind nämlich in der Regel Probleme und deshalb a priori problematisch. Sachfragen, das kann ich Ihnen versichern, wurden während meines ganzen Lebens von den Teamchefs kaum gestellt und schon gar nicht beantwortet. Das wäre der Laune so abträglich wie, sagen wir, eine Stoffwindel.

Diskutieren Sie daher nie die Sachfrage, wägen Sie auf keinen Fall das angebliche Pro (superökologisch) und das real existierende Contra (Scheiße läuft unten raus) gegeneinander ab. Machen Sie es wie die Teamchefs I und II. Personalisieren Sie die Diskussion.

So ein Teamchef sagt nämlich einfach: „Mehr Ribbeck, weniger Stielike“, wenn er merkt, daß da einer geradezu danach schreit, den von der Sachlage ablenkenden Watschenmann abzugeben. Stielike, liebe junge Freunde, ist eine Art schnauzbärtiger Idealist, den die Teamchefs nicht leiden können, weil er die verrückte Idee hat, eine Sachfrage anzugehen, nämlich den Ausstieg aus dem Libero. Unter uns: Dieser Ausstieg ist sachlich gesehen natürlich überfällig und seine Verweigerung durch Teamchef I gemeingefährlich, weil sie den deutschen Fußball dort zementiert, wo er vor Ihrer und sogar meiner Zeit hingebombt wurde – im Bertizän. Trotzdem gelingt selbst dieser Ausstieg nicht.

Warum nicht? Von den Teamchefs (II wie auch I) wollen die Leute doch, daß sie auf jeden Fall etwas voranbringen. Richtig. Aber auch: daß sie etwas besser doch nicht voranbringen – wenn es auf Kosten von irgend etwas geht. Was es ja immer tut (und bei II stärker als bei I). Eine komplexe Situation. Weshalb die Teamchefs lieber nur das tun, was sie eh am liebsten tun: lächeln.

Was, liebe junge Neugeborene, heißt das nun für Sie? Es heißt: Vergessen Sie mal diese Teamchefs! Konzentrieren Sie sich auf das wirklich Wichtige. Also: Wenn nun die eine glaubt, die Sachfrage Stoffwindel durchziehen zu müssen, der andere aber auch mal zur Pampers greift? Sie sind der wahre Teamchef! Es geht um Ihre gute deutsche Laune! Sagen Sie einfach: „Mehr Papa, weniger Mama.“ Sie werden sehen: Schon ist Ihr Problem gelöst. Und auf den Rest ist eh geschissen.

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