Peter Philipp über die saudische Führung: Ein unbeeinflussbares Regime
Amnesty International spricht von „einem neuen Beispiel der totalen Verachtung Saudi-Arabiens für die Menschenrechte“: Weil sie einen Twitter-Account zur Unterstützung ihres zu 10 Jahren Gefängnis verurteilten Bruders Raif Badawi unterhalten habe, wurde dessen Schwester Samar vorübergehend festgenommen, die Frau des zu 15 Jahren Haft verurteilten Menschenrechtsaktivisten Walid Abu al-Chair.
Ein knappes Jahr nach dem Amtsantritt von König Salman erreicht Saudi-Arabiens Register von Menschenrechtsverletzungen Rekordlänge: Im letzten Jahr wurden dort 153 Menschen hingerichtet – mehr als in den letzten 20 Jahren. Die 47 Exekutionen in den ersten Stunden des neuen Jahres und die jetzt demonstrierten Beispiele von Sippenhaft lassen Böses ahnen für 2016.
Dabei hatte Salman bei der Amtsübernahme versichert, dass er die relativ gemäßigte Politik seines Vorgängers und Bruders Abdullah fortsetzen würde. Nichts da: Als Erstes machte er seinen Sohn Mohammed Bin Salman zum Kronprinzen und Verteidigungsminister, der seit März letzten Jahres verantwortlich ist für die Angriffe im Jemen. Unter Salman verschlechterten sich die Beziehungen mit dem Iran: wegen Jemen, dem Tod von 800 Pilgern (darunter über 130 Iraner) bei einer Massenpanik in Mekka und der Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr Baqir al-Nimr.
Solche Spannungen aber sind das Letzte, was die Region und die Welt jetzt brauchen. Man braucht vielmehr Saudis und Iraner an einem Tisch für eine Lösung des Syrienkonflikts; man will den Atomdeal mit Teheran und will gleichzeitig die Geschäfte mit Riad nicht gefährden. So blitzte Sigmar Gabriel in Riad ab, als er die Einhaltung der Menschenrechte anmahnte: Er solle sich nicht in die „internen Angelegenheiten des Landes“ einmischen. Allein die USA könnten vielleicht Einfluss nehmen. Ohne sie werden die Europäer kaum etwas tun. Auch Berlin nicht.
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