Personenführung #183: Alina Schwermer: Die Fußball-Utopistin

Die studierte Journalistin arbeitet in einem umgebauten Wohnmobil, so kann unsere Kollegin das Reisen mit der Sportberichterstattung verbinden.

„Futopia“ - Ideen für eine bessere Fußballwelt Foto: Verlag Die Werkstatt

Von ANDREAS RÜTTENAUER

taz Info, 28.06.22 | Da waren die Herrschaften in der Leibesübungenredaktion dann doch einmal nachhaltig ratlos. „Die kann ja schon alles“, hat einer gesagt, als es im Oktober 2015 darum gegangen ist, wer sich um die Praktikantin Alina Schwermer kümmern könnte.

Klar, die junge Kollegin, Jahrgang 1991, hatte Journalistik und Germanistik studiert, das war bekannt. Dass sie mit Texten würde umgehen können, das war aus ihren Bewerbungsunterlagen schon hervorgegangen. Aber gleich so gut? Das hatten sie noch nicht erlebt.

Und da war ja noch mehr, was ganz gut passte. Die Rolle des Sports in der Gesellschaft auszuleuchten war ihr wichtiger, als aufzuschreiben, wer in welcher Minute mit welchem Körperteil welches Tor geschossen hat. Dass sie auch keine Probleme damit hatte, zu erklären, warum die eine Mannschaft besser spielt als die andere, auch das war schnell aufgefallen.

Eigene Akzente setzen

Wie um alles in der Welt, so fragten sich die Redakteure, können wir es schaffen, Alina an die taz zu binden? Der Berlin-Teil half dabei. Bald war in der taz nachzulesen, wie spannend, skandalös oder inspirierend es im Berliner Lokalsport zugehen kann.

Für die überregionale Sportberichterstattung der taz war sie da schon längst unverzichtbar. Sie schob Schichten bei der Seitenproduktion, recherchierte oder kommentierte den großen Sport und setzte dabei immer ihren eigenen Akzent.

Das fiel auf – auch in anderen Ressorts, wo sie auch Schichten übernommen hat. Die leistet sie oft in einem ganz speziellen Homeoffice. Das hat sie sich in einem alten Steyr, der zum Wohn- und Büromobil umgebaut worden ist, eingerichtet. Mal steht sie damit in Frankreich, mal in Italien, mal in Marokko. Längst ist sie auch als Reisereporterin eine feste Größe in der taz.

Die Sportredaktion jedoch blieb ihr Anker. Dort profitierte die taz von ihren Recherchen für ihre Bücher. In dem einen („Wir sind der Verein“) beschäftigte sie sich mit Fußballklubs, die von ihren Fans geführt werden. In dem anderen („Futopia“) entwirft sie eine Utopie für den guten Fußball von morgen.

Die Leibesübungenkollegen schätzen sie auch, weil sie auf die Quote in der Sportberichterstattung achtet. Frauensport mitzudenken gelingt dank ihr immer besser. Nun macht sie sich auf den Weg nach England, um von der EM zu berichten. Es wird bestimmt nicht nur um Fußball dabei gehen. Gut so.