Personenführung #175: Julia Neumann : Die Pfundmillionärin
Als freie Auslandskorrespondentin berichtet sie aus Beirut über Währungschaos, Proteste, Pandemie und lokale Wasserprojekte.
Von NATALIE MAYROTH und KATHARINA WOJCZENKO
Als uns im August 2020 die Bilder einer Riesenrauchwolke, zersprungener Fensterscheiben und herausgeschlagener Türrahmen aus Beirut erreichen, ist sie mittendrin: Während über der Hauptstadt des Libanon noch eine Asbestwolke schwebt, berichtet Julia Neumann über die massive Explosion auf dem Hafengelände, begleitet Menschen in ihre zerstörten Häuser und erzählt uns, wie die Beiruter:innen mitten in der Coronapandemie auch diese Katastrophe meistern – privat geht sie erst einmal zum Blutspenden für die Verletzten und beherbergt Freund:innen, die am Abend ihre Wohnung verlassen mussten.
Ihr Handwerk – schreiben, fotografieren, Radio machen – hat Julia in ihrem Journalistikstudium in Dortmund gelernt. Danach volontierte sie von 2013 bis 2014 bei der taz in Berlin. Dass Meinung und Rückgrat zählen, hat sie bei der taz gelernt, sagt sie.
Auch, weshalb Feminismus und Journalismus sich nicht ausschließen, sondern super ergänzen. Zum Arabischlernen ging sie anschließend nach Marokko, absolvierte dort ein Auslandsjahr und machte ihren Master in Geschichte und Soziologie. 2019 wagte sie den Sprung und wurde freie Auslandskorrespondentin in Beirut.
Mit Blick auf Lösungen
Das Verrückteste daran ist für sie zurzeit das libanesische Pfund, dessen Nullen ihren Wert verlieren: Durch die Inflation hat sie gerade 23 Millionen für ihre Miete bezahlt. Währungschaos, Proteste und Pandemie haben die „Millionärin“ vergangenes Jahr herausgefordert, inspirierend und konstruktiv zu berichten.
Sie schreibt für die taz und arbeitet für öffentlich-rechtliche Radiosender aus Westasien und Nordafrika – für das internationale Rechercheprojekt #tazfolgtdemWasser ist sie im Libanon, in Jordanien und Ägypten unterwegs und schaut sich an, wie viel Geld in lokale Wasserprojekte fließt.
Julia Neumann spricht passabel Arabisch und gendert auch privat konsequent beim Sprechen. Dass die Welt gerechter wird und mehr Frauen* zu Wort kommen, ist ihr wichtig, darum engagiert sie sich beim Onlinemagazin Deine Korrespondentin.
Ihr ist der Blick auf Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit wichtig. Konstruktiver Journalismus heißt das, wofür die Instagram-Story-Queen unter den taz-Korrespondent:innen einsteht.