Personalnot in den Krankenhäusern: Hilferuf aus den Kliniken
Ver.di-Klinik-Vertretungen aller Träger schließen sich zum Bündnis zusammen. Sie beklagen die Arbeitsverdichtung und schätzen, dass 4.200 Stellen fehlen
Die Situation in den Hamburger Kliniken ist aufgrund der Personalreduzierung prekär geworden: Grund für Gewerkschaft Ver.di die Betriebs und Personalräte und Mitarbeitervertreter der Kliniken aller verschiedenen Krankenhausträger zu einem „Bündnis der Krankenhäuser“ zusammenzutrommeln, um eine gesetzliche Personalbemessung für Kliniken durchzusetzen. „Die Säulen der Gesundheitsversorgung sind ins Wanken geraten“, sagt die zuständige Ver.di-Fachbereichsleiterin Hilke Stein. „Es fehlen rund 4.200 Stellen.“
Zwölf Kliniken mit 200 Abteilungen hatte Ver.di-Betreuungssekretär Michael Stock im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche „Der Druck muss raus“ bezüglich der Personalbemessung gecheckt. Dabei seien die Angestellten um eine ehrlichen Einschätzung gebeten worden, was notwendig sei, um die Arbeit gut zu machen. Addiert fehlen 4.200 Pflegekräfte.
Denn seit die Krankenhausfinanzierung 2004 von der Verweildauer auf die Fallpauschale umgestellt worden ist, hat es eine Personalreduzierung von mindestens 3.000 Vollkraftstellen gegeben. „Der Personalabbau ist still verlaufen, indem Stellen nicht mehr besetzt wurden“, sagt Stein. Fehlende Stellen hätten aber konkrete Auswirkungen auf das tägliche Arbeitsgeschehen und damit auf die Patienten, sagt sie. Das System habe zudem dazu geführt, dass einige Kliniken in eine Schieflage geraten seien und andere fette Gewinne machten. „Das Personal ist immer die Schraube, wenn es darum geht, zu sparen“, beklagt Stein.
Im Anschluss an die Tagung der Personalvertretungen hat das Bündnis Krankenhäuser eine Resolution für mehr Personal und Qualität im Krankenhaus verabschiedet. Darin fordern die Mitarbeitervertreter:
Eine gesetzliche Personalbemessung, damit der Personalmangel keine weiteren negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten und die Patienten hat.
Eine nachhaltige Krankenhausfinanzierung, was sowohl die Finanzierung der Krankenversorgung als auch die Investitionen der Krankenhäuser anbelangt.
Das weiß auch Wolfgang Werner, Vorsitzender der Mitarbeitervertretung am Agaplesion Diakonieklinikum. Obwohl es keine Aktionäre gebe, habe es „massiven Personabbau“ gegeben, sagt Werner. „Und die Leute, die arbeiten können, werden krank.“ Bei den privaten Asklepioskliniken liegt der Fall etwas anders. Dort habe das Personal insgesamt zwar nicht abgenommen, jedoch sei die Fallzahl der zu versorgenden Patienten enorm gestiegen, berichtet die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Katharina Ries-Heidtke.
Dies habe zu einer ernormen Leistungsverdichtung von mindestens 30 Prozent geführt und die Zahl der Gefährdungsanzeigen habe deutlich zugenommen. So verzeichnete beispielsweise die Askepiosklinik Wandsbek innerhalb eines Jahres einen Anstieg von 400 Fällen auf 800 Gefährdungsanzeigen.
Im öffentlich-rechtlichen Uniklinikum Eppendorf sieht es nicht anders aus. Der Personalnotstand habe dazu geführt, dass es „Schwierigkeiten gibt, die Patienten zu versorgen, und Mängel in der Hygiene auftreten“, berichtet Andreas Horn, Vorsitzender des nichtwissenschaftlichen Personalrats. „Hygiene kostet Zeit, die nicht vorhanden ist, und da spart man als erstes.“ Es sei auch nicht selten, dass Auszubildende von Station zu Station geschickt würden, um auszuhelfen. Alle anwesenden Betriebsrätinnen berichten unisono, dass es nirgends Ressourcen für Ausfälle oder Krankheiten gebe, so dass der Arbeitsdruck enorm, der Frust groß sei und die Fluktuation wachse. „Die Flucht ist groß“, sagt Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ries-Heidtke. „Immer weniger verspüren noch Lust, in dem Bereich zu arbeiten.“
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