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Personalmangel im ÖPNVKein Fahrer, kein Bus

Viele Verkehrsunternehmen müssen ihren Betrieb zeitweise einschränken. Der Grund: Personal fehlt. Die Betriebe geben sich zuversichtlich.

Ohne Fah­re­r:in­nen sieht es auch im ländlichen Raum schlecht aus Infografik: Jochen Tack/imago

Berlin dpa | Fast jedes zweite Verkehrsunternehmen in Deutschland sieht sich gelegentlich gezwungen, seinen Betrieb wegen Personalengpässen vorüber­gehend einzuschränken. Das ist das Ergebnis einer am Montag veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Branchenverbandes VDV. Dafür wurden 135 Betriebe im März und April befragt. Knapp 43 Prozent gaben dabei an, dass im Jahr 2023 Fahrten aus personellen Gründen ausfallen mussten.

Deutschlandweit fehlen Bus-, Straßenbahn- und U-Bahn-Fahrer:innen. Drei von vier Verkehrsunternehmen verzeichneten 2023 einen steigenden Personalbedarf, wie die Umfrage zeigt. Der Fachkräftemangel wird sich laut Verband noch verschärfen.

Das ist auch darauf zurückzuführen, dass der Altersdurchschnitt im Fahrdienst mit 51 vergleichsweise hoch ist. Bis 2030 müssen die Unternehmen der Umfrage zufolge knapp ein Viertel ihrer Fah­re­r:in­nen altersbedingt ersetzen. Der VDV prognostiziert, dass 4.000 bis 6.000 Beschäftigte pro Jahr in Rente gehen. Dem Verband zufolge fehlen zurzeit allein 20.000 Busfahrer:innen.

Die Branche stellt das auch im Hinblick auf die Verkehrswende vor ein Problem: Damit künftig mehr Menschen Bus oder Bahn fahren, müssen die Verkehrsunternehmen ihr Angebot ausbauen. Dafür wird mehr Personal benötigt. Die Betriebe rechnen damit, dass der Bedarf bis 2030 um 20 Prozent steigt.

Mehr Bewerbungen bei Bus und Bahn

Immerhin eine Entwicklung stimmt den Branchenverband optimistisch. „Wir sehen ein gesteigertes Interesse der Bewerberinnen und Bewerbern, für Bus und Bahn zu arbeiten, und insgesamt mehr Bewerbungen“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Knapp 75 Prozent der Betriebe haben der Umfrage zufolge 2023 mehr Beschäftigte eingestellt als im Vorjahr.

Um beim Fachkräftemangel entgegenzusteuern, wollen die Verkehrsunternehmen ihre Attraktivität steigern – zum Beispiel mit passenden Arbeitszeitmodellen. Momentan arbeiten lediglich 12 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit, weniger als 20 Prozent sind weiblich.

Auch die Rekrutierung von Personal im Ausland soll stärker in den Fokus genommen werden. Hier gebe es noch viel Potenzial, „das wir als Branche gemeinsam heben können“, sagte Wortmann. Gesucht werden nicht nur Fahrer:innen, sondern auch In­ge­nieu­r:in­nen und IT-Spezialist:innen.

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2 Kommentare

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  • Verkehrswende muss eigentlich bedeuten: Weg von Autos hin zu ÖPNV, Bahn und Fahrrad. Entsprechend sollte auch Fachkräfte aufgestellt und umgeschult werden. Raus aus Autoindustrie und Autowerkstätten rein in Busfahrer*innenkabinen und Wartungsbetriebe ...

  • In manchen Omnibusbetrieben mit Reiseverkehr werden auch dann Linien ausfallen, wenn eine ausgeschriebene Reise mehr einnimmt, als die Linieneinnahmen im selben Zeitraum.

    Derjenige, der dann den Schulbus fährt, wird sechs Tage ne Kreuzfahrt begleiten.

    Ich sehe es jetzt schon kommen... die tausenden Ministrantenfahrten nach Rom Ende Juli/Anfang August.... was da an Geld fließt. Der Nahverkehr muss verdursten.