Personalabbau bei Airbus: Schlechte Stimmung zum Jubiläum
Airbus übergibt den 6.000. Flieger, bekommt aber viele Probleme nicht in den Griff: Der schwache Absatz des A380 und A400M führt zu erhöhten Kosten und Personalabbau.
HAMBURG taz/dpa | Beim Flugzeughersteller Airbus wird gefeiert. Konzernchef Thomas Enders will an diesem Montag in Hamburg den 6.000. Jet an die Fluglinie Emirates Airline übergeben. Trotzdem fürchtet Enders um die Wettbewerbsfähigkeit. Eine Hamburger Zeitung titelte sogar: "Airbus plagen Existenzsorgen". Baustellen gibt es jedenfalls genügend: das Dauerproblem A380, der marode Militärtransporter A400M und die schlechte Stimmung im Betrieb in Folge des Personalabbaus von 1.000 Leiharbeitern in Hamburg-Finkenwerder.
Eine Baustelle ist der Jubiläumsflieger A380 selbst. Der Riesenvogel verkauft sich nur schleppend. 2009 gingen nur zehn dieser doppelstöckigen Maschinen raus - zwei weniger als im Vorjahr. Und wie beim Militärtransporter A400M sind die Kosten höher als erhofft. Noch immer sollen mehr als 500 Beschäftigte von Airbus Deutschland an der Endmontagelinie in Toulouse arbeiten, um die verwirrende Verkabelung der aus Hamburg gelieferten Rumpfsektionen nachzubessern.
Weiterhin offen ist, ob es mittelfristig eine hinreichende Nachfrage für das Prestigeprojekt geben wird. Fluggesellschaften können mit dem Riesenvogel nur auf wenigen sogenannten Hubs in aller Welt landen, von denen aus die Passagiere dann an ihre Zielorte verteilt werden müssen. Boeing setzt dagegen auf etwas kleinere Flieger, die aber direkt jede Landebahn anfliegen können.
Sorgen bereiten in den Konzernzentralen in Hamburg und Toulouse auch der schwache Dollar und fehlende Neubestellungen - in diesem Jahr wird ein deutlicher Rückgang erwartet. Die Krise ist auch an den Fluglinien nicht spurlos vorübergezogen.
Doch das größte Risiko für Airbus ist derzeit der massige Militärtransporter A400M. Das Projekt mit Propellerantrieb liegt um mindestens 24 Monate hinter dem Zeitplan zurück und überschreitet angeblich den Kostenrahmen um mehrere Milliarden Euro. Airbus fordert eine deftige finanzielle Beteiligung von Deutschland und den weiteren sechs Abnehmerländern an den Mehrkosten. Die Verhandlungen laufen.
Dies ist auch der Grund, warum Enders der Versuchung nachzugeben scheint, die EADS-Tochter schlechter zu reden, als die Lage ist. Schließlich soll der vertraglich festgelegte Preis für den A400M forsch in die Höhe getrieben werden.
Klammheimlich dürfte der Airbus-Präsident trotz der vielen Baustellen durchaus erfreut sein. So lieferte Airbus 2009 eine Rekordzahl an Flugzeugen aus, 498 Maschinen vor allem vom Mittelklasse-Jet A320 wurden produziert, und mit über 300 Neubestellungen im Krisenjahr übertraf Airbus sogar die eigene Prognose.
Der europäische Hersteller ist dem ebenfalls staatlich unterstützten amerikanischen Konkurrenten Boeing längst davongeflogen. "Eine tolle Leistung von Arbeitnehmern, Management und Politik", lobt Konzernbetriebsratsvorsitzender Rüdiger Lütjen gegenüber der taz. Auch die IG Metall sieht den Flugzeugbauer auf der richtigen Route: "Airbus ist bislang verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen."
Trotzdem sorgt sich auch die Gewerkschaft um einige Baustellen. Allein im Stammwerk Hamburg-Finkenwerder sind 5.000 Leiharbeiter beschäftigt. Den verschärften Trend zur Auslagerung in Billiglohnländer sieht auch der Betriebsrat mit Sorge. Der Verkauf und die Ausgliederung von mehreren Werken sowie ein schleichender Personalabbau führten zur Verunsicherung, kritisiert Betriebsrat Lütjen. Er spricht von einem "Kulturbruch" bei Airbus: "Die Auseinandersetzungen sind härter geworden."
Der Flugzeugbauer will an seinem Standort in Finkenwerder im Laufe des Jahres mehr als tausend vorübergehend eingestellte Leiharbeiter wieder entlassen. Das sagte eine Firmensprecherin am Montag und bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Bild"-Zeitung.
Die Arbeiter seien nach den Schwierigkeiten bei der Produktion des Airbus A380 bei Zeitarbeitsfirmen als Verstärkung engagiert worden, sagte sie. Der "zeitlich begrenzte, extrem hohe Bedarf" an Mitarbeitern habe sich wegen der Fortschritte bei der Montage des Großraumflugzeugs wie geplant reduziert. Das sei letztlich gut für Airbus, führe aber zur Entlassung der Leiharbeiter, die nun absprachegemäß nicht mehr benötigt würden.
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