Per Leo im Gespräch : Tränen ohne Trauer
Ein taz Talk mit Schriftsteller und Historiker Per Leo über die Schieflagen deutscher Geschichts- und Erinnerungsdebatten.
Viele Deutsche sind auf ihre Erinnerungskultur stolz. Tatsächlich aber diente sie oft nur der eigenen Entlastung. Und sie hat unser Geschichtsbewusstsein verengt. Der Schriftsteller und Historiker Per Leo weitet es wieder, indem er den Blick öffnet: in die USA und zur DDR, nach Israel und Polen, zurück in eine unaufgeräumte Vergangenheit, nach vorne in ein unvollkommenes Einwanderungsland.
Sein aktuelles Buch irritiert unseren Läuterungsstolz, und zugleich verlockt es zu einem frischen Blick auf die eigene Geschichte. Im Umgang mit dem Nationalsozialismus haben die Deutschen manches geleistet, sie sind aber auch vielen Illusionen erlegen: Ist denn schon wirklich klar, was der Nationalsozialismus war? Haben Migration und Wiedervereinigung unser Land so verändert, dass wir lernen müssen, anders auf uns selbst zu blicken? Womöglich weltoffener, vielfältiger, neugieriger?
Die aktuellen Debatten um korrekte oder unzulängliche Antisemitismusdefinitionen, zum Erbe des deutschen Kolonialismus, zur Erinnerungskultur überhaupt zeigen an: Mit routinierten Betroffenheiten über den Holocaust ist keine (Selbst-)Aufklärung mehr zu haben.
Per Leo, Jahrgang 1972, wurde mit einer Arbeit über die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland promoviert. Sein Debütroman „Flut und Boden“ stand auf der Shortlist des Leipziger Buchpreises. Der von ihm mitverfasste Leitfaden „Mit Rechten reden“ löste eine intensive Debatte aus. Das neueste Buch mit dem Titel „Tränen ohne Trauer - Nach der Erinnerungskultur“ ist bei Klett-Cotta erschienen. Leo lebt als freier Autor und Schatullen-Produzent in Berlin.
Moderiert wird das Gespräch von Jan Feddersen, taz-Redakteur für besondere Aufgaben sowie Kurator der taz Talks und des taz Lab.
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taz Talk - Tränen ohne Trauer
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