Pazifikstaat Tuvalu geht unter: Australien nimmt Klimaflüchtlinge
Die Bewohner der kleinen Pazifiknation sollen sich in Australien niederlassen dürfen. Doch das scheinbar großzügige Angebot hat Bedingungen.
Pro Jahr sollen sich 280 Bewohner der kleinen Pazifiknation in Australien niederlassen und arbeiten können. Sie kämen in den Genuss von Krankenversicherungen und anderen staatlichen Dienstleistungen. Mit rund 11.000 Einwohnern gehört Tuvalu zu den Nationen, die am stärksten von Klimaveränderung und dem Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind. Zwei von neun Atollen sind bereits überflutet. Forscher glauben, das Land könne schon in wenigen Jahrzehnten unbewohnbar sein.
Die „neue Partnerschaft“, wie Albanese das Abkommen mit seinem tuvalischen Amtskollegen Kausea Natano bezeichnete, ist allerdings an Bedingungen geknüpft. Es solle auch „Australiens Status als Tuvalus Sicherheitspartner erster Wahl“ festigen, so Albanese in einer Erklärung. Demnach müssten sich beide Nationen künftig gegenseitig über „jedes Engagement mit anderen Staaten in Verteidigungsfragen in Tuvalu einigen“ – ebenso wie über die Unterstützung Australiens bei der Reaktion auf Naturkatastrophen, Pandemien und Sicherheitsfragen.
Kommentatoren werteten diese Bedingungen als Reaktion Australiens und der USA auf die wachsende Expansion Chinas im Pazifik. In den vergangenen Jahren haben sich verschiedene Kleinstaaten der Region zu Verbündeten Pekings erklärt – zuletzt Kiribati, das zuvor Taiwan anerkannt hatte. Das Land wird von Peking als abtrünnige Provinz Chinas gesehen.
Chinas „weiche Diplomatie“
China verfolgt im Pazifik eine Strategie der sogenannten „weichen Diplomatie“. Es baut in den kleinen Ländern Straßen, Sportstadien, lädt PolitikerInnen nach Peking ein und vergibt großzügige Kredite, die Pazifikstaaten oftmals schwer abzahlen können. Dadurch entstehe nicht nur Wohlwollen gegenüber Peking, sondern auch Abhängigkeit, sagen KritikerInnen.
Australien und die USA haben erst vor Kurzem erkannt, welche Ausmaße die Expansion Chinas in der globalstrategisch wichtigen Pazifikregion angenommen hat. Das Abkommen mit Tuvalu wird von Beobachtern als eine Maßnahme gewertet, den Fußabdruck des Westens im Gebiet wieder zu stärken.
Der Entscheid zur Aufnahme von Klimaflüchtlingen dürfte in Australien nicht überall willkommen sein. Die konservative Opposition wehrt sich seit Jahren gegen solche Maßnahmen und warnt vor „Flüchtlingsströmen“. Progressive Kreise könnten die vermeintliche Großzügigkeit von Albanese als Zeichen von Doppelmoral sehen.
Australien ist einer der weltgrößten Förderer und Exporteure klimaschädigender Kohle. Pazifikstaaten fordern den mächtigen Nachbarn seit Jahren auf, den Abbau von Kohle und Erdgas zu reduzieren. Die sozialdemokratische Regierung von Anthony Albanese beharrt jedoch genauso wie ihre konservativen Vorgänger darauf, die lukrative Kohleindustrie nicht nur beibehalten zu wollen, sondern sie weiter auszubauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Die Wahrheit
Der erste Schnee