Paul Rusesabagina in Ruanda verhaftet: Filmheld unter Terrorverdacht
Der Film „Hotel Ruanda“ machte Paul Rusesabagina als Retter von Tutsi im Völkermord berühmt. Jetzt wurde er unter Terrorverdacht verhaftet.
Am Montag wurde Rusesabagina in Ruanda festgenommen. Er werde verdächtigt, „Gründer, Anführer, Sponsor sowie Mitglied einer gewalttätigen, bewaffneten und extremistischen Terrorgruppe“ zu sein, erklärte die Ermittlungsbehörde RIB.
Es geht um die MRCD (Ruandische Bewegung für demokratischen Wandel) sowie die PDR-Ihumure (Partei für Demokratie) – beides oppositionelle Exilbewegungen gegen die Regierung des Präsidenten Paul Kagame. Rusesabagina gilt als Mitbegründer und Vorsitzender der MRCD. Deren bewaffneter Flügel FNL (Nationale Befreiungsfront) hatte sich zu einem Überfall auf einen Bus im Nyungwe-Wald im Süden Ruandas nahe der Grenze zu Burundi im Jahr 2018 bekannt. Dabei wurden neun Passagiere getötet.
Die FNL gehört, ebenso wie die von Rusesabigana gegründete PDR-Ihumure, zu einer Vereinigung bewaffneter Exilgruppen, die sich im Osten der Demokratischen Republik Kongo zusammengeschlossen haben, mit dem Ziel, Kagames Regierung mit Waffengewalt zu stürzen. Dazu zählen auch Teile der Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) sowie des RNC (Ruandischer Nationalkongress). 2019 stellte Ruanda auf Rusesabagina einen internationalen Haftbefehl aus.
Zwei Deutungen
Wo er sich zuletzt aufhielt, war unklar. Rusesabagina lebt seit dem Völkermord im Ausland: Als die Hutu-Milizen 1994 damit drohten, das Hotel zu stürmen, schmuggelte er seine Familie mit einem Lastwagen zum Flughafen, von wo sie ausgeflogen wurde. Sie lebt bis heute in Belgien. Er selbst besitzt die belgische Staatsbürgerschaft und eine Aufenthaltserlaubnis in den USA.
Kitty Kurth, Sprecherin der Hotel-Ruanda-Rusesabagina-Stiftung in Chicago, erklärte, er habe noch vergangene Woche mit seiner Frau von Dubai aus telefoniert. Dass er nun in Ruanda verhaftet wurde, gebe Rätsel auf. „Wir glauben, er wurde gekidnappt“, so Kurth auf Facebook.
Rusesabaginas Geschichte steht für die unterschiedlichen Deutungen des Völkermords 1994 international und in Ruanda selbst. Während der damalige Hotelmanager, Sohn einer Tutsi-Mutter und eines Hutu-Vaters, im Film als Retter dargestellt wird, deutet Ruandas staatliche Kommission zum Kampf gegen Genozid (CNLG) seine damalige Rolle anders.
Rusesabagina habe als Spion für die völkermörderische Hutu-Regierung gearbeitet, heißt es in einer Erklärung der CNLG: Die Geflüchteten in seinem Hotel habe er erniedrigt und bestohlen. Dank seiner internationalen Kontakte habe er sich später als Retter dargestellt, um als Ikone in die Geschichte einzugehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!