Hohe Müttersterblichkeit: Frauengesundheit ohne Wert
Weltweit sterben pro Tag 720 Frauen, weil sie schwanger sind oder bei der Geburt. Dabei sind die Todesfälle vermeidbar.
D ie Zahl ist entsetzlich: Alle zwei Minuten stirbt irgendwo auf der Welt eine Frau im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt. Das sind 30 tote Frauen pro Stunde, 720 tote Frauen am Tag. Im Jahr 2023 haben rund 260.000 Frauen ihr Leben verloren – obwohl die meisten dieser Todesfälle vermeidbar gewesen wären. Das geht aus einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über Müttersterblichkeit für die Jahre 2000 bis 2023 hervor.
Zwar ist die Müttersterblichkeit um rund 40 Prozent gesunken. Das allerdings ist viel zu wenig: Das Ziel, das Niveau bis 2030 auf 70 Todesfälle pro 100.000 Geburten zu senken, werde in diesem Tempo laut Bericht deutlich verfehlt. Zudem zeichne sich regional Besorgniserregendes ab: So beobachtet die WHO einen steigenden Trend etwa in den USA.
Verwunderlich ist das nicht. Müttersterblichkeit hängt nicht nur mit medizinischer Versorgung zusammen, die in den USA teuer sein kann, sondern auch mit dem Zugang zu Aufklärung, Verhütung und Schwangerschaftsabbrüchen, die in einzelnen Bundesstaaten deutlich eingeschränkt sind. Trumps aktuelle Politik wird vor allem Konsequenzen für arme Staaten wie Nigeria und Pakistan haben, in denen ohnehin die meisten Frauen sterben: Die Zerschlagung der Entwicklungshilfebehörde USAID und der Wegfall der Gelder bedeuten schlicht weitere Tote.
In der EU ist die Zahl der Toten im weltweiten Verhältnis zwar niedrig. Und trotzdem ist etwa Deutschland von einer 1:1-Betreuung unter der Geburt ebenso wie von einer umfassenden Forschung zu Geburten weit entfernt. Und die wohl künftige Koalition ignoriert das Menschenrecht auf reproduktive Gesundheit bereits in den Koalitionsverhandlungen.
Um die verbesserte Betreuung von Geburten wird es in der kommenden Legislaturperiode aller Voraussicht nach ebenso wenig gehen wie um die Arbeitsbedingungen von Hebammen, die in den bisherigen Verhandlungspapieren mit keinem Wort erwähnt werden. Gesundheit ist ein Menschenrecht. Wenn es um Frauen geht, wird dieses Recht indes gering geschätzt.
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