Partygate um Boris Johnson: Exodus in der Downing Street

Fünf Mit­ar­bei­te­r:in­nen des britischen Premiers schmeißen nach Partygate hin. Auch seine engste Vertraute Munira Mirza ist darunter.

Fotoausschnitt von Boris Johnson.

Gegenwind oder strubblig wie immer? Boris Johnson in der Downing Street am 2. Februar Foto: Henry Nicholls/reuters

LONDON taz | Dem britischen Premier Boris Johnson droht ein ungemütliches Wochenende. Vor einer Woche nahm Scotland Yard Ermittlungen zu den Partys in 10 Downing Street und anderen Regierungssitzen mitten im Lockdown auf. Dann stellte der noch nicht vollständige Untersuchungsbericht „Mängel an Führungs- und Urteilskraft“ der Regierungsspitze fest. Und nun macht sich Johnsons engster Stab davon. Seit Donnerstagnachmittag haben fünf Mit­ar­bei­te­r:in­nen ihren Rücktritt erklärt.

Johnsons bisheriger Privatsekretär Martin Reynolds, der im Mai 2020 Angestellte zu einem Gelage im Garten von 10 Downing Street eingeladen hatte, ist einer von ihnen. Auch Johnsons Stabschef und sein Kommunikationschef gehen. Diese Köpfe wären womöglich so oder so gerollt, nachdem Johnson eine Umorganisation von 10 Downing Street angekündigt hatte. Doch hinter dem Rücktritt von Johnsons politischer Beraterin Munira Mirza steckt mehr. Sie war über 14 Jahre Johnsons engste politische Vertraute.

Laut ihrer im Politmagazin The Spectator veröffentlichten Rücktrittserklärung nimmt Mirza aufgrund der „obszönen Anschuldigung“ Johnsons während seiner Unterhausrede zur amtlichen Partygateuntersuchung ihren Hut. Johnson hatte hier am Montag einen Angriff des Oppositionsführers Keir Starmer mit der Behauptung zurückgewiesen, Labour-Chef Starmer, einst Direktor der britischen Staatsanwaltschaft, hätte in diesem Amt nicht den Sexualverbrecher und Kinderschänder Jimmy Savile zur Verantwortung gezogen.

Zwar wurde ein Verfahren gegen Savile unter Starmers Führung eingestellt, er war jedoch nicht direkt mit dem Fall beauftragt und hatte nach dem Bekanntwerden des Ausmaßes der Verbrechen sogar eine Untersuchung eingeleitet. Für die darin benannten Mängel hatte sich Starmer öffentlich entschuldigt.

Streit um Johnsons Attacke auf den Labour-Chef

Mirza gab an, dass Johnsons Attacke ein „unangemessener und parteipolitischer Verweis zu einem schrecklichen Fall von Kindesmisshandlung“ gewesen sei. Auch der Vorsitzende des britischen Unterhauses, Lindsay Hoyle, hatte Johnson für dessen Vorwürfe kritisiert. Mirza behauptete, sie hätte Johnson ausdrücklich um eine Entschuldigung gebeten.

Am Freitagmorgen trat eine weitere Mitarbeiterin aus Mirzas Team zurück. Bereits am Mittwoch hatte der konservative Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Tobias Ellwood, angegeben, er verlange wegen der Bemerkung über Savile nun ein parteiinternes Misstrauensvotum gegen Johnson. Derzeit sind zwölf Tories namentlich bekannt, die das unterstützen. Ob es mehr gibt, weiß nur der Vorsitzende der konservativen Hinterbänkler:innen. Mindestens 56 solche Anträge sind nötig, um das Verfahren zu starten.

Am Donnerstag weigerte sich sogar Finanzminister Rishi Sunak, Johnson weiter den Rücken zu stärken. Er gilt als derzeitiger Favorit für eine Nachfolge Johnsons. Am Freitagmorgen gab der Premier sich wie gewohnt optimistisch und zitierte Rafiki aus dem Musical „The Lion King“: „Veränderungen sind gut“.

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