Parteitag der Bremer Linken: Sieg der Rhetorik
Platz zwei für Birgit Menz: Die Bremer Linke wählte am Samstag ihre Landesvorsitzende Doris Achelwilm zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl.
BREMEN taz | Am Ende, so scheint es, ist Birgit Menz sogar ganz froh, dass sie wieder in den Beirat Östliche Vorstadt zurück darf. Und diese „Zweifel“, die sie hatte, vor ein paar Monaten – ob sie als Spitzenkandidatin der Linken für die Bundestagswahl überhaupt die Richtige ist: So ganz waren sie wohl doch nicht ausgeräumt. Die Partei hält jedenfalls Doris Achelwilm für viel geeigneter. Die Wahl für Platz eins auf der Liste entschied die Landesvorsitzende auf dem Linken-Parteitag am Samstag mit 49 zu 33 Stimmen klar für sich.
Menz konnte erst die Wahl für Platz zwei haushoch gewinnen – gegen Reinhard Last. Die Chance, in den Bundestag einzuziehen, hat aber nur Doris Achelwilm. Wenn überhaupt: Die Linke, so rechnen Wahlarithmetiker vor, muss in Bremen ein zweistelliges Ergebnis erreichen und bundesweit mindestens sieben Prozent, wenn es wieder für ein Bremer Mandat reichen soll.
2013 entfielen auf die Linkspartei überregional 8,6 Prozent, in Bremen aber 10,1 Prozent. Daraufhin zog Agnes Alpers in den Bundestag ein. Als sie 2015 das Mandat aus gesundheitlichen Gründen zurückgeben musste, rückte Birgit Menz nach. Dort sei sie „in die Umweltpolitik“ geraten, sagt sie bei ihrer Bewerbungsrede, und dass sie erst einmal „klarkommen musste im System Bundestag“.
Menz ist eine, die nicht zuerst über ihre – vermeintlichen oder tatsächlichen – Erfolge als Tierschutzpolitikerin spricht, sondern erklärt, dass sie damals zugestimmt habe, SED-Mitglied zu werden. 1981 war das, da war Menz knapp 20. Ausgetreten sei sie nie, bei der Stasi sei sie aber auch nicht gewesen. Sie möchte gerne ihre Arbeit fortsetzen, erklärt sie, und kämpft tapfer für ihr Politikfeld. Und das falle bei der Linkspartei, wie auch andere an diesem Tag sagen, noch immer allzu oft hinten runter. Deshalb versucht Menz in ihrer Rede, die Umwelt mit den klassischen Themen der Linken zu verbinden – der Rüstung und vor allem dem Sozialen, auf das auch Achelwilm setzt.
Doris Achelwilm (Die Linke)
Für ihre Niederlage aber sieht Menz einen anderen Grund: „die Redegewandtheit“. Sie weiß, dass sie keine große Rednerin ist. Die 40-jährige Achelwilm, Landesvorsitzende und Pressesprecherin der Landtagsfraktion, wirkt kämpferischer, entschlossener, souveräner. Nur beim abschließenden Foto für die nicht so zahlreich anwesende Presse – mit dem Blumenstrauß in der Hand, vor dem Logo der Partei – steht sie noch etwas schüchtern da. „Wir müssen die Armutspolitik bei jeder Gelegenheit anklagen“, sagte sie zuvor bei ihrer Rede, und bekam dafür Szenenapplaus.
Eine Regierungsbeteiligung mit Rot-Grün sieht sie eher „skeptisch“, schon weil sie der SPD „nicht über den Weg traut“. Nach ihrer Agenda für den Bundestag gefragt, spricht Achelwilm als erstes von Hartz IV. Dass nun auch die SPD dieses Thema wieder für sich entdeckt hat, findet der linke Mit-Landesvorsitzende Felix Pithan „positiv“. Es sei doch gut, dass jetzt wieder über sachgrundlose Befristungen von Jobs oder Armutsrenten geredet werde und weniger über die „angeblich zu liberale Flüchtlingspolitik“, sagt er. „Das verschiebt die Agenda nach links.“ Das Problem, und darüber reden jedenfalls hinter den Kulissen viele auf diesem Parteitag: Der Schulz-Hype geht vor allem zu Lasten der Linken und der Grünen. Am Ende könnte das auch Doris Achelwilm das Mandat kosten.
Gewinnt sie es doch, muss sie im Herbst womöglich ihren Posten als Landessprecherin aufgeben: Die Trennung von Amt und Mandat wird in der Bremer Linken hochgehalten. Als Direktkandidatin im Wahlkreis Bremen tritt Achelwilm übrigens nicht an: Sebastian Rave wird’s, der sich als „Straßenkämpfer“ verkauft und nach unentschiedener Stichwahl schließlich per Münzwurf gegen den langjährigen Bürgerschaftsabgeordneten Klaus-Rainer Rupp durchsetzte.
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