Parteigründer Rick Falkvinge: Schwedischer Pirat auf Enterfahrt
Rick Falkvinge hatte durch Zufall die Piratenpartei gegründet. Aus der schwedischen Idee ist ein Projekt geworden, das es in 33 Ländern gibt. Da stellt Falkvinge sogar Ikea in den Schatten.
Ingvar Kamprad bescherte der Welt Ikea. Und jetzt will der nächste Schwede einen Siegeszug antreten. Zumindest einen politischen. Rick Falkvinge, der Gründer und Vorsitzende der schwedischen Piratenpartei ist davon jedenfalls überzeugt: „Erst wollen wir Schweden verändern, dann Europa, dann die Welt“. Das Tempo, mit dem seine Parteiidee sich ausbreitet, stellt schon jetzt die Expansion von Ikea in den Schatten. Das blaugelbe Möbelhaus gibt es in 24 Ländern, die Piratenpartei bereits in 33.
Viele bestehen zwar aus nicht viel mehr als einer Webbseite und einer E-Mail-Adresse. Doch so hat ja auch Rick Falkvinge angefangen. Am 1. Januar 2006 schaltete er seine „Piratpartiet“-Seite online. Um zu testen, ob man auf diesem Wege die erforderlichen 1.500 Unterschriften für eine Parteigründung zusammenbekommen konnte. Als er einen Tag später von der Arbeit nach Hause kam, fand er 2000 Unterschriften vor und 300 Personen hatten ihm ihr Interesse an einer Mitarbeit gemailt. Einige Tage später hatten drei Millionen Besucher die Seite aufgerufen.
„Ich sah eine Chance, die Welt verändern zu können“, sagt Falkvinge. Er kündigte seinen Job als IT-Systemtechniker, nahm einen Bankkredit auf und im Februar 2006 war die Piratenpartei amtlich registriert. Dass ausgerechnet er auf diese Idee gekommen war, hält er für einen bloßen Zufall: „Die Zeit war einfach reif.“ Die Möglichkeiten des freien Internet passten immer mehr politischen und wirtschaftlichen Machtinteressen nicht in den Kram und es habe sich abgezeichnet, dass diese mit einer zunehmend ausgeprägteren Überwachungsgesellschaft reagieren würden.
Geboren wurde der 37-jährige Single – „ich bin polyamourös, ich glaube an offene Beziehungen“ – als Dick Augustsson. Das sei nicht lustig, sondern für seine IT-Karriere hinderlich, weil Anti-Obszönitäts-Programme regelmässig seinen Vornamen aus Internetforen streichen würden, begründete er beim Standesamt seinen Antrag auf Namensänderung.
Und weil sein Vorname änderungsbedürftig war, legte er sich auch gleich einen neuen Nachnamen zu. „Nun ich bin offenbar der einzige Falkvinge auf der Welt. Das ist praktisch. Alles, wo irgendwo mein Name erwähnt wird, kann ich ganz bequem finden.“ Mit 521.000 Treffern hat er bei Google da auch schon die 206.000 zu „Ingvar Kamprad“ überholt. Und die schwedische „Piratpartiet“ liegt in Meinungsumfragen nun erstmals über der parlamentarischen Sperrklausel.
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