Parlamentswahlen in Pakistan: Die Rückkehr zum Alten
Der konservative Wahlsieger Nawaz Sharif verspricht Jobs, will aber keine Reformen. Er wettert gegen die USA und ist doch abhängig von US-Hilfen fürs Militär.
ISLAMABAD taz | Nawaz Sharif geht mit seiner Mitte-rechts-Partei Muslimliga (PML-N) als klarer Sieger aus den Parlamentswahlen vom Samstag hervor. „Der Tiger brüllt wieder“, lautete die Schlagzeile auf der Titelseite der Tageszeitung Dawn.
Schon zweimal war Sharif, der sich gern als „Tiger von Punjab“ bezeichnen lässt, in den 90er Jahren Premierminister. Jetzt, in seiner dritten Amtszeit, steht er vor einer Herkulesaufgabe: Die Atommacht Pakistan steht wirtschaftlich am Abgrund, die Sicherheitslage ist äußerst instabil. Die Bevölkerung kämpft mit steigenden Lebensmittel- und Benzinpreisen, hoher Arbeitslosigkeit und stundenlangen Stromausfällen.
Zudem gelingt es den Taliban und anderen radikalislamischen Terrorgruppen immer wieder, Anschläge auf die Armee, Polizei und die Zivilbevölkerung zu verüben. Sharifs Muslimliga gewann nach ersten Resultaten 107 der 272 zu wählenden Parlamentssitze. In vielen der noch nicht ausgezählten Wahlkreisen liegt er vorn.
Die bisher regierende Volkspartei (PPP) muss mit nur 28 Sitzen eine schwere Schlappe hinnehmen. Sie schnitt nach vorläufigen Resultaten schlechter ab als Ex-Cricket-Star Imran Khan mit seiner Partei „Bewegung für Gerechtigkeit“ (PTI), die 32 Sitzen errang.
Keine großen Anschlagsserie
Zum ersten Mal seit der Staatsgründung 1947 hatte eine gewählte zivile Regierung die volle Legislaturperiode durchgehalten. Die Wahlbeteiligung lag mit fast 60 Prozent so hoch wie noch nie in Pakistan – trotz der Terrordrohungen der pakistanischen Taliban, die einen blutigen Wahltag vorausgesagt hatten. Es kam nicht zur großen Anschlagsserie.
Sharif dürfte mit Hilfe unabhängiger Kandidaten und mehrerer kleiner Parteien – wie den religiös-konservativen – mühelos die nötige Mehrheit im Parlament zustande bringen, um Regierungschef zu werden. Von der Opposition mit Imran Khans Partei wird ihm aber ein rauer Wind entgegenwehen.
Der als konservativ und wirtschaftsliberal geltende Wahlsieger gilt nicht als Reformer. Es ist fraglich, ob er den von vielen Pakistanern herbeigesehnten Wandel bringen kann. Liberale Kreise sind skeptisch gegenüber seinem Antiamerikanismus und seiner engen Beziehung zu Saudi-Arabien.
Letztere könnte den ohnehin großen Einfluss sunnitischer Extremisten in Pakistans Gesellschaft weiter blühen lassen. Kritiker werfen Sharif mangelnde Entschlossenheit im Umgang mit Extremisten vor. Er kündigte an, mit den Aufständischen verhandeln zu wollen, blieb dabei aber sehr vage.
Antiamerikanische Rhetorik
Die Allianz mit Amerika im Kampf gegen den Terrorismus wolle er aufkünden, sagte er im Wahlkampf. Pakistan erhält Milliarden von Dollars aus den USA für sein Vorgehen gegen al-Qaida und andere Terrorgruppen, die sich in den Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan zurückziehen.
Manche Beobachter sehen in Sharifs antiamerikanischer Rhetorik bloß Wahlkampfpropaganda. „Nawaz Sharif und seine Partei sind reif genug, um die Feinheiten der internationalen Diplomatie zu verstehen. Sie werden die Beziehung zu den USA höchstwahrscheinlich weniger emotional angehen“, sagt Politikanalyst Imtiaz Gul. Demnach dürfte sich Pakistans Verhältnis zu den USA vorerst nicht grundlegend ändern. Ist die Armee doch auf Finanzhilfe der Amerikaner angewiesen.
Nawaz Sharif gelobte, die Beziehungen zum Erzfeind Indien zu verbessern, was für Pakistan wirtschaftlich sehr nützlich und für die regionale Stabilität positiv wäre. Ein freundliches Verhältnis zu Indien würde Pakistan helfen, viele andere Probleme zu lösen, wie zum Beispiel die Spannungen mit dem westlichen Nachbarland Afghanistan und auch mit den USA, glaubt Gul.
Das hängt aber auch von Nawaz Sharifs Zusammenarbeit mit der Armeeführung ab, denn sie bestimmt nach wie vor die Sicherheits- und Außenpolitik des Landes. Der Wahlsieger kündete an, er wolle die Macht des Militärs einschränken. Das könnte ihn allerdings auf Konfrontationskurs mit der Armee bringen.
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