Parlamentswahlen in Albanien: Sunnyboy mit EU-Ambitionen
Edi Rama wünscht sich für sein Land die EU-Mitgliedschaft. Die Wirtschaft Albaniens wächst – auf Kosten der Natur.

E di Rama sticht bei den internationalen Konferenzen als sympathischer und witziger Politiker hervor. Der Ruf des Albaners, ein Künstler zu sein, hat immer noch Wirkung – sogar bei den internationalen Journalisten. Schon im Steinzeit-Kommunismus des Enver Hoxha war Edi Rama Sunnyboy der Nomenklatura, Sohn des Erbauers unzähliger Denkmäler und Monumente, dem es erlaubt wurde, in Paris zu studieren.
Man könnte meinen, Albanien habe in ihm einen weltgewandten politischen Vertreter gefunden, der tatsächlich in der Lage ist, das Land nach Europa zu führen. Die Statistik spricht für ihn. Zuwachsraten von um die 4 Prozent können sich im europäischen Spektrum sehen lassen. Albanien durchlebt einen Wirtschaftsboom, den es vor allem dem Bausektor verdankt. Allerdings sind das großteils rüde kapitalistisch zerstörerische Investitionen, die ohne Rücksicht auf die einstmals herrliche Natur und historisch wertvollen Stadtkerne durchgesetzt werden.
Die makellosen Strände, die Olivenhaine, die Flüsse und Naturreservate Albaniens werden angenagt und zerfressen, die Städte zubetoniert. Das Parlament will sogar Naturreservate für den Bau von Hotels freigeben. Investoren aus der Türkei, den Emiraten, aus Europa und den USA stehen schon bereit.
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Das Land steht ihnen offen. Ein Großteil der Bevölkerung will an dem Tourismusboom teilhaben. Selbst dann, wenn die Mafia dafür sorgt, dass Grundstücke schnell und billig von ihren Eigentümern abgegeben werden müssen, um sie anschließend wieder teuer an Investoren zu verkaufen. Das System dafür wurde diese Woche wieder gewählt. Wem das stinkt, der kann ja, wie Hunderttausende vor ihm, ins Ausland gehen.
Auch Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner hat Albanien für sich entdeckt. Er will an der albanischen Küste Luxusresorts bauen. Ist Edi Rama tatsächlich in der Lage, dem Einhalt zu gebieten? Der ehemalige Sunnyboy der kommunistischen Nomenklatura wird sich hüten, bei Trump anzuecken. Aber er wird weiter versuchen, Albanien 2030 in die EU zu bringen.
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