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Parlamentswahlen in AlbanienSunnyboy mit EU-Ambitionen

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Edi Rama wünscht sich für sein Land die EU-Mitgliedschaft. Die Wirtschaft Albaniens wächst – auf Kosten der Natur.

Im Visier: Amerikanische Investoren, wie Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, haben Albanien für sich entdeckt Foto: picture alliance

E di Rama sticht bei den internationalen Konferenzen als sympathischer und witziger Politiker hervor. Der Ruf des Albaners, ein Künstler zu sein, hat immer noch Wirkung – sogar bei den internationalen Journalisten. Schon im Steinzeit-Kommunismus des Enver Hoxha war Edi Rama Sunnyboy der Nomenklatura, Sohn des Erbauers unzähliger Denkmäler und Monumente, dem es erlaubt wurde, in Paris zu studieren.

Man könnte meinen, Albanien habe in ihm einen weltgewandten politischen Vertreter gefunden, der tatsächlich in der Lage ist, das Land nach Europa zu führen. Die Statistik spricht für ihn. Zuwachsraten von um die 4 Prozent können sich im europäischen Spektrum sehen lassen. Albanien durchlebt einen Wirtschaftsboom, den es vor allem dem Bausektor verdankt. Allerdings sind das großteils rüde kapitalistisch zerstörerische Investitionen, die ohne Rücksicht auf die einstmals herrliche Natur und historisch wertvollen Stadtkerne durchgesetzt werden.

Die makellosen Strände, die Olivenhaine, die Flüsse und Naturreservate Albaniens werden angenagt und zerfressen, die Städte zubetoniert. Das Parlament will sogar Naturreservate für den Bau von Hotels freigeben. Investoren aus der Türkei, den Emiraten, aus Europa und den USA stehen schon bereit.

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Das Land steht ihnen offen. Ein Großteil der Bevölkerung will an dem Tourismusboom teilhaben. Selbst dann, wenn die Mafia dafür sorgt, dass Grund­stücke schnell und billig von ihren Eigentümern abgegeben werden müssen, um sie anschließend wieder teuer an Investoren zu verkaufen. Das System dafür wurde diese Woche wieder gewählt. Wem das stinkt, der kann ja, wie Hunderttausende vor ihm, ins Ausland gehen.

Auch Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner hat Albanien für sich entdeckt. Er will an der albanischen Küste Luxusresorts bauen. Ist Edi Rama tatsächlich in der Lage, dem Einhalt zu gebieten? Der ehemalige Sunnyboy der kommunistischen Nomenklatura wird sich hüten, bei Trump anzuecken. Aber er wird weiter versuchen, Albanien 2030 in die EU zu bringen.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

2 Kommentare

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  • Ein besonders feiner Deal ist das Lager für italienische Migranten - und die Lageraufseher wohnen passenderweise in einem Hotel, das einem Buddy von Edi gehört...

  • Das Albanien auf Kosten der Natur boomt ist eine richtige Feststellung - das alte Problem hierbei ist doch aber der erhobene Zeigefinger unsererseits?



    Wer sind wir das wir Staaten das verbieten wollen - oder auch nur anprangern?



    Wir Europäer, oder überhaupt alle voll 'durchzivilisierten' Länder sprechen sich da leicht, wir haben die Industrialisierung schon voll hinter uns. Unsere Natur wurde schon der Wirtschaft als auch dem Energie- und Transporthunger der Bevölkerung Untertan gemacht. Aus dieser Position der Fülle ist es immer leicht andere zum Verzicht oder zur Rücksicht auf die Natur zu ermahnen. Aber haben diese Menschen und Staaten nicht das gleiche Recht wie wir auf Entwicklung, Wohlstand und 'Luxus' im Sinne von Anbindung, Transportwege, etc?