Parlamentswahl in der Mongolei: Ernüchtert an die Urne
Die Mongolei hat vor den Parlamentswahlen den Verkauf von Alkohol verboten. Wirtschaftsprobleme treiben indes immer mehr Menschen in die Armut.

Wahlwerbung in einem Außenbezirk von Ulan-Bator Foto: Ganbat Namjilsangarav/ap
PEKING taz | Wenn am Mittwoch die über zwei Millionen Wahlberechtigten zum Urnengang antreten, werden sie dies mutmaßlich nüchtern tun: In sämtlichen Provinzen des Landes ist der Verkauf von Alkohol seit Dienstagabend verboten.
Die Mongolei, zwischen Russland im Norden und China im Süden gelegen, wurde rund 60 Jahre lang von Kommunisten regiert. Nun hält das nordostasiatische Land seine seit 1992 achte demokratische Parlamentswahl ab.
„Diese Wahl ist wichtig in einer Zeit, in der die Demokratie weltweit bedroht zu sein scheint“, analysieren die Mongolei-Experten Byambajav Dalaibuyan vom Mongolian Institute for Innovative Policies und Julian Dierkes von der University of British Columbia.
Denn die noch junge Demokratie ist zunehmend geschwächt: Die exzessiven Machtansprüche von Präsident Khaltmaa Battulga gefährden die parlamentarische Entscheidungsgewalt und die Unabhängigkeit der Justiz. Wer dagegen aufbegehrt, riskiert eine Gefängnisstrafe: Fünf Kandidaten sind seit Beginn des Wahlkampfs festgenommen worden – bislang ein Novum.
Elite profitiert
Die dominierenden Wahlkampfthemen sind wirtschaftliche: Ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und viele Slums außerhalb der Stadtgrenzen Ulan Bators sind weder ans Stromnetz noch an die Kanalisation angeschlossen.
Dabei ist das Land reich an mineralischen Naturschätzen, doch davon profitiert nur eine kleine Elite: Die soziale Schere zwischen arm und reich geht rasant auseinander. Vor allem aber grassiert die Korruption unter der politischen Elite.
Viele Parteien nominieren daher junge, im Ausland studierte Kandidaten, um für frischen Wind zu sorgen. Dabei geht es vor allem um „neue Gesichter“, die sich inhaltlich vom Wahlprogramm nicht deutlich unterscheiden, doch den Mief um Vetternwirtschaft und Establishment ablehnen. Gleichzeitig haben bei dieser Wahl auch unabhängige Kandidaten gute Chancen. Per Gesetz müssen übrigens mindestens ein Fünftel der Kandidaten Frauen sein.
Die amtierende mongolische Volkspartei konnte bei der Wahl 2016 noch 65 der 76 Parlamentssitze gewinnen. In den letzten Jahren jedoch ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung, das politische Establishment und seine Institutionen erodiert. Dafür ist vor allem die verbreitete Veruntreuung von Steuergeldern verantwortlich.
Keine Debatte ausgestrahlt
Interessant ist auch, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen keine Debatte der führenden Kandidaten ausgestrahlt hat. Die NGO Reporter ohne Grenzen sieht derzeit auch die Pressefreiheit bedroht: „In der Mongolei hat sich – gemessen an der geringen Bevölkerungszahl – auf den ersten Blick zwar eine vielfältige Medienlandschaft entwickelt. Doch viele Medien stehen unter politischem und wirtschaftlichem Druck“, heißt es in einer Stellungnahme. Medien jedoch könnten der Gesellschaft helfen, als Kontrollinstanz gegenüber korrupten Parteifunktionären zu fungieren.
Der vielleicht größte Erfolg der mongolischen Regierung: Das Land ist erstaunlich gut durch die Coronakrise gekommen. Bis auf 200 importierte Fälle kam es zu keinen weiteren Übertragungen. Bislang ist kein Infizierter am Virus gestorben. Gleichzeitig sorgt die coronabedingte Abschottung des Landes dafür, dass die Wahl ohne internationale Beobachter auskommen muss.
Leser*innenkommentare
02881 (Profil gelöscht)
Gast
Sehe ich das richtig das der TAZ-Journalist von Peking aus über die Wahl in der Mongolei berichtet? Ich nehme an das er wahrscheinlich Chinesisch (hoffentlich) aber kaum Mongolisch/Russisch (wäre sinnvoll in dem Fall) spricht. Wie wurde dann recherchiert? Speisen sich die Infos aus Material internationaler Presseagenturen? Wikipedia? Wenn ja, sollte man das auch deutlich machen. Ansonsten ist es für den Leser nicht möglich den journalistischen Gehalt so eines Textes einzuschätzen…