Parlamentswahl in Ruanda: Erfolg für die Frauen
In Ruanda baut die regierende RPF ihren gigantischen Stimmenvorsprung bei den Parlamentswahlen noch aus. In Parlament sind die Frauen in der Mehrheit.
GOMA taz Als erstes Land der Welt bekommt Ruanda ein Parlament, dessen Abgeordnete mehrheitlich Frauen sind. Nach den am Dienstagabend veröffentlichten provisorischen Ergebnissen der Parlamentswahl vom vergangenen Montag steigt die Frauenquote von bisher 48 auf 55 Prozent. Das entspricht ziemlich genau dem Anteil der Frauen an Ruandas neun Millionen Einwohnern, der nach offiziellen Angaben bei 54,9 Prozent liegt.
Das gute Ergebnis für die Frauen ist allerdings auch die einzige Überraschung der Wahlergebnisse. Die regierende "Ruandische Patriotische Front" (RPF) von Staatspräsident Paul Kagame hat ihre Dominanz der gewählten Institutionen weiter gefestigt, mit einem Zuwachs von rund 5 Prozent auf 78,7 Prozent für das RPF-geführte Parteienbündnis. Damit hält die ehemalige Guerillabewegung, die Ruanda seit 1994 regiert, 42 statt bisher 40 von den 53 gewählten Mandaten im 80-köpfigen ruandischen Unterhaus.
Die beiden kleineren an der Regierung beteiligten Parteien schneiden schlecht ab: die Sozialdemokratische Partei (PSD) behält mit 13,1 Prozent in etwa ihren bisherigen Stimmenanteil, die Liberale Partei (PL) rutscht deutlich auf 7,5 Prozent ab und hat nun nur noch vier statt bisher sechs Abgeordnete. In der PL waren besonders viele Völkermordüberlebende vertreten; der Chef des Verbandes der Völkermordüberlebenden Ibuka, Theodore Simburudali, hatte auf dem 10. Listenplatz der PL kandidiert. Simburudali sagte gestern gegenüber der taz, er akzeptiere das Wahlergebnis. Es wird spekuliert, dass PL-Führer Protais Mitali, bisher Jugendminister in der ruandischen Regierung, jetzt den Posten des Parlamentspräsidenten erhält.
Nach offiziellen Angaben gingen 98,5 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen - ein unwahrscheinlich hoch erscheinender Anteil. Es gibt in Ruanda keine Wahlpflicht, aber der Druck, an kollektiven gesellschaftlichen Prozessen wie Gacaca-Völkermordgerichte auf Dorfebene, gemeinschaftlicher Arbeit oder eben Wählengehen teilzunehmen, ist sehr hoch, und sich dem zu entziehen, kann später Probleme bringen.
Stellungnahmen von Wahlbeobachtern lagen gestern Nachmittag noch nicht vor. Die Polizei hatte keine größeren Zwischenfälle bei den Wahlen gemeldet.
Gegenüber einem Radiosender äußerte Jean-Bosco Gasasira, Chefredakteur der unabhängigen Zeitung Umuvugizi, Zweifel an der Korrektheit des Wahlergebnisses. "Im nördlichen Landesteil gab es Klagen, dass manche Leute für eine Partei gegen ihren Willen abstimmen mussten", erklärte er. Das offizielle Wahlergebnis wird erst in der kommenden Woche erwartet.
DOMINIC JOHNSON
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett