Parlamentswahl in Australien: Pragmatismus statt Populismus
Australien hat sich für den sachlichen Amtsinhaber Albanese entschieden. Er muss nun grundsätzliche Fragen im Verhältnis zu den USA klären.
A ustralien hat mit der Niederlage des Oppositionschefs Peter Dutton einer Politikkultur à la Donald Trump eine spektakuläre Abfuhr erteilt. Dutton hat mit seiner populistischen, provokativen Politik des Hasses und der Ausgrenzung in einer immer unsicherer werdenden, gefährlichen Welt keinen Platz, so die Meinung der Australier und Australierinnen. Stattdessen sind klare Köpfe gefragt, die pragmatische Entscheide fällen.
Denn Australien steht am Scheideweg. Die jahrzehntealte Freundschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika, das Gerüst, auf dem die Sicherheit der Nation ruht, ist nicht nur am Wackeln. Es ist zusammengebrochen. Denn wie viele andere einstige „Freunde“ der USA belegte der Präsident auch Australien mit Strafzöllen und bewies so, was er von den gemeinsamen Werten hält, die die beiden Staaten gerne zelebrierten.
Der Tritt ans Schienbein des einstigen „Hilfssheriffs der USA im Pazifik“, wie Ex-Premierminister John Howard Australien einmal genannt hatte, ist allerdings von untergeordneter Bedeutung, gemessen an der Gefahr, die Trumps Verhalten für die langfristige Sicherheit Australiens und des westlichen Pazifiks hat. Seit Barack Obama sind im australischen Norden amerikanische Marinesoldaten stationiert – eine Art „Speerspitze des Westens“, sollte China im Pazifik nicht nur wirtschaftliche und politische Expansionsgelüste entwickeln, sondern auch militärische.

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Die Elitekräfte sind Teil eines viel größeren Systems: Australische Waffensysteme sind auf Gedeih und Verderb verknüpft mit amerikanischen. Kampfflugzeuge können nicht abheben ohne die nötige Software aus dem Pentagon. Vor drei Jahren intensivierte Australien diese Abhängigkeit weiter: Unter anderem verpflichtete sich Canberra, Washington mehrere U-Boote abzukaufen. Und heute: Als ein Reporter Donald Trump vor ein paar Wochen nach dessen Meinung zu dem Deal fragte, wusste dieser nicht einmal, wovon der Journalist spricht.
Annäherung an China?
Für die neue alte Regierung unter Labor-Premierminister Anthony Albanese stellt sich die Frage: Soll Australien einfach abwarten, bis Trump in eine paar Jahren Geschichte ist, oder soll sich das Land nach anderen Freunden umsehen? Einer stünde willig bereit: China. Die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner haben sich unter der Labor-Regierung normalisiert, nachdem Duttons konservativer Vorgänger China mit unhaltbaren Unterstellungen brüskiert und zum Verhängen von Handelsboykotts motiviert hatte.
Auch wenn eine militärische Kooperation mit dem lange als potenziellem Aggressor beschriebenen China keine Option wäre: Eine weitere Annäherung Canberras an Peking wäre sicher ein Beispiel von überlegter, pragmatischer Politik, wie es sich das australische Stimmvolk offenbar wünscht.
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