Parlamentswahl in Ägypten ungültig: Wahlgesetz ist verfassungswidrig
Das Oberste Gericht in Kairo erklärt das ägyptische Wahlgesetz für verfassungswidrig und löst das Parlament auf. Der Kandidat des Militärs bleibt in der Stichwahl.
KAIRO taz | Der Mubarak-Mann Ahmad Schafik darf weiter für das Präsidentenamt kandidieren, und das ägyptische Parlament muss neu gewählt werden. Die mit Spannung erwartete Entscheidung, die das Verfassungsgericht in Kairo am Donnerstag fällte, wird auf den Ärger der Islamisten stoßen und von den Resten des alten Regimes mit Freude aufgenommen werden.
Die erste Entscheidungen des Gerichts betraf das sogenannte Isolationsgesetz, das vom Parlament erlassen wurde und das alle, die in den vergangenen zehn Jahren Mubarak als Führungskräfte gedient haben, für die nächsten fünf Jahre von hohen politischen Ämter ausschließt.
Das Gericht erklärt das Gesetz für verfassungswidrig. Damit steht Schafik, letzter Regierungschef unter Mubarak, bei der Stichwahl am Wochenende nichts mehr im Wege. Dieses Urteil dürfte in den alten Netzwerken des Mubarak-Regimes und beim Militärrat auf Wohlwollen stoßen. Für die Tahrir-Aktivisten bedeutet es, dass ein politischer Bruch nicht möglich ist.
In der zweiten Entscheidung beschloss das Gericht, dass die Wahl eines Drittels des Parlaments rechtswidrig war. Laut dem Wahlgesetz waren ein Drittel der Sitze für Unabhängige reserviert. Bei den Wahlen hatten aber auch Parteimitglieder kandidiert und sind gewählt worden.
In der Konsequenz der Gerichtsentscheidung muss nun das gesamte Parlament neu gewählt werden, wie der Gerichtspräsident am Nachmittag mitteilte. Nach einem Bericht des Staatsfernsehns erklärte das Gericht die Wahl teilweise für ungülötig, da ein Drittel der Sitze nicht rechtmäßig vergeben worden seien.
Bei den Parlamentswahlen bekamen die Muslimbruderschaft und die radikalen Salafisten 70 Prozent der Sitze. Sie dürften nun Verlierer der Entscheidung sein.
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