Parlamentspause in Großbritannien: Es wird kompliziert
Die Urteile zu der von Johnson verhängten Parlamentspause sind widersprüchlich. Nun muss der oberste Gerichtshof entscheiden.
Vor dem obersten Gericht in London hat am Dienstag eine dreitägige Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der Beendigung der letzten parlamentarischen Sitzungsperiode begonnen. Es geht um die sogenannte prorogation, mit der die Regierung beide Parlamentskammern in der Nacht zum 10. September in eine Sitzungspause schickte; erst am 14. Oktober treten sie wieder zusammen.
Die prorogation ist eigentlich Routine, weil die Regierung frei über Beginn und Ende jeder Sitzungsperiode bestimmt. Dieses Jahr ist sie kritisiert worden, weil sie mitten im Brexit-Streit erfolgt und fast fünf Wochen statt weniger Tage dauert – wobei drei Wochen ohnehin wegen der Jahresparteitage der großen Parteien sitzungsfrei gewesen wären. Diverse Juristen und Parlamentarier reichten Klage ein.
Zwei Gerichte in England und Schottland kamen jeweils zu gegensätzlichen Urteilen; ein Gericht in Nordirland nahm die Klage gar nicht erst an. Der High Court in London urteilte am 11. September, die prorogation sei eine politische Entscheidung und nicht justiziabel. Der Court of Sessions in Edinburgh urteilte am 12. September, die Regierung habe mit der prorogation die verfassungswidrige Absicht einer Behinderung des Parlaments verfolgt, und erklärte sie daher für „null und nichtig“, ohne allerdings ihre Aufhebung anzuordnen.
In beiden Fällen legte die unterlegene Seite Berufung beim obersten Gericht ein. Die wird kompliziert, weil englisches und schottisches Recht sich unterscheiden und es kein britisches „Unionsrecht“ gibt.
Das schottische Gericht hat, anders als das englische, sein vollständiges Urteil noch nicht veröffentlicht; daher ist nicht klar, ob der Court of Sessions eine schottische Rechtsklausel anwandte, die es in England nicht gibt. Sollte dies der Fall sein, müssten die Richter erst einmal klären, welches Recht anwendbar ist.
Mit einem schnellen Urteil ist nicht zu rechnen. Der Termin der Verkündung wird erst nach Ende der dreitägigen Anhörungen bekannt gegeben.
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